Puh. Echt jetzt?

Liebe will fließen können – ein Hinblinzeln

Drei Perspektiven schieben sich zusammen

1

„Was wäre wenn…“

frug mich am Ende dieser intensiven Therapiestunde mein Therapeut.

Ich hatte ihm von meiner Diskrepanz erzählt zwischen meinem Wert, Freunden beizustehen und meiner erlebten Unfähigkeit dazu. Mein Nervensystem schlägt einfach Alarm. Es glaubte, meiner Freundin ginge es so schlecht und irgendwas in mir glaubte, etwas können zu müssen oder zu sein… und da war nichts außer „Drama“ – meiner erlebten Ohnmacht, dem zwanghaften Widerstand dagegen, meinem Michselbstbeschuldigen, dem Ummichselbstkreisen und dem Entsetzen darüber, was ja auch nichts anderes ist…

Wir arbeiteten uns mithilfe des aktuellen „Symptoms“ durch die Geschichte zurück an den Anfang. Ich berichtete:

„Ich erinnere mich eigentlich nur an eine schöne Geschichte, die mein Opa von meiner Mutter erzählt hat: Er saß auf dem Rad. Vor ihm, auf dem Lenker, saß seine Tochter. Ihre lockigen, blonden Haare wehten im Wind.“

In meiner Erinnerung an seine Erinnerung ist einfach ein schönes Gefühl. Schlicht, leicht, zart.

Dann kam der Krieg. Und die Geschichten schwiegen. Oder erzählten vom Hunger. Von der Vertreibung. Dem Verteiltwerden nach Unwillkommensein. Dem Trotzdemdasein. Müssen.

„Was wäre, wenn…

all DAS

nicht gewesen wäre?“

Es war ganz am Ende der Stunde. Der Satz war klar da in meinem Kopf und musste nur noch ausgesprochen werden:

 

ich könnte sie einfach lieb haben

 


…und… 

Sie hätten sich lieben lassen können. Sie hätten ihre Liebe fließen lassen können: Sie hätten uns,

 

sie hätten mich einfach lieb haben können.

 

„Und,“ sagte ein treuer Begleiter:

„Du könntest Dich selbst einfach lieb haben…“

 


 

2 : Kindermond

Sie blieb mir wohl aus einer meiner ettlichen spirituell oder therapeutisch gefärbten Lebensstunden hängen, diese Geschichte, die nachspürbar machen soll, wie sich Kinder zu retten vermögen.

Ein Kind bleibt in einem Wald alleine zurück. Es ist dunkel. Die Stimmen entfernen sich. Entsetzt stellt es das Alleinsein fest. Es kann den Weg nicht sehen. Es ruft, krächzt, wimmert… aber die anderen Stimmen kehren nicht zurück. Es ist kalt. Unbekannte Geräusche drängen sich in die Stille. Die Lebensbedrohlichkeit der Situation lässt das Bewusstsein hinter alte Instinkte zurücktreten. Alles erstarrt.

Plötzlich tut sich der Himmel auf. Der Mond erhellt die Nacht. Lässt sein Licht durch die Dächer des dunklen Waldes bis hinunter auf den Boden scheinen. Das Kind atmet auf. Es erkennt, dass es dort anders ist. Vorsichtig traut sich das kleine Wesen, einen Schritt dort hin zu gehen, wohin das Licht fällt. Die Füße spüren, sich vom Ort des Verlassenseins entfernen zu können. Das Gehirn schreibt sich eine Geschichte. Es beginnt zu glauben, der Mond würde ihm einen Weg zeigen! Es fühlt unbeschreibliches Glück, das Gefühl des „Womöglichwahrseinskönnens“ – Reale (!) Hoffnung auf eine Rettung. Das Kind geht weiter. Es macht das Entdecken zu seinem Abenteuer und glaubt an den Mond als seinen beschützenden, treuen Begleiter. Das Kind fühlt sich sicher und findet – mithilfe seines Kindermondes – nicht nur einen, sondern auch seinen Weg.

…wäre es stehen geblieben, hätte es nicht die Möglichkeit der „Bindung an eine Rettung“ – so verrückt sie auch sein mag – gehabt, hätte es vermutlich nicht überlebt.

Der Überlebensinstinkt kapert den Verstand, der sich eine passende Geschichte bastelt.

Ich wurde neulich mal wieder von einer Art Kindermond überrannt.

Rettung war gar nicht nötig. Fühlte sich aber trotzdem so an… 

…weg waren sie, die sturen Eselswächter samt Verstand, hockten seelig an der Wunderbar und gaben sich dem Besoffensein von Neurotransmittercocktail „Könntewomöglichwahrsein“ hin.

Nicht „I.“ (…die vernichtend zuschlagende „Göttin“ der Erlösung nach Art des Hauses) half, sondern ein guter Freund:

„Karin, Du bist ein wundervoller Mensch. BLEIB DIR TREU.

Alle Kinder kommen als Wesen voller Liebe auf die Welt.

Liebe will fließen können…: Du hast einen Riesenstaudamm in Deinem Inneren.“

Manchmal schummelt sich ein Funken hindurch und tanzt sich in die Freiheit. Das kannst Du nicht verhindern, allenfalls schützen, absichern, steuern.


…und so sitze ich hier, betrachte die Szene an der Wunderbar. Und habe Mitgefühl.

Was auch sehr, sehr schön ist.

Danke.


 

3

A propos „Liebe will fließen können…. „:

In diesem Sinne wäre ein eigenes Pony (Link zu einem alten Blogbeitrag, öffnet ein neues Fenster) tatsächlich früher vielleicht wirklich eine Rettung gewesen…

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