5. Juni.
Gestern bin ich um 5 Uhr morgens von meinem schönen Platz gestartet. Ich hatte mich tags zuvor beim Laufen so wohl gefühlt und mir rund 23 Meilen bis hinter den Silverwoodlake vorgenommen. Morgens ist einfach die beste Zeit: Die rund 12 Meilen bis zum Mittag fielen mir recht leicht.

Beim Wasserholen traf ich zwei andere Wanderer. Das ist schon was Besonderes, da der Trail um diese Zeit deutlich leerer ist. Und dann kam Shirley um die Ecke – ich verstand es erst nach einem Moment: Sie geht die Strecke anders rum, war am Walker Pass gestartet und ich hatte sie in Hikertown getroffen. Was für ein schöner Zufall!

Ihre vier Kinder sind groß. Sie wirkt ausgeglichen, in sich ruhend, zufrieden. Dabei offen, herzlich und interessiert.
Wie ich mich nach einem solchen Zustand sehne.
Vielleicht sehen wir uns wieder… das wäre schön! Sie plant, die Sierra im August anzugehen. Also Daumendrücken: Aller guten Dinge sind Drei!
Mich zog es weiter.
Ich hatte für meine sonstigen Gewohnheiten gut gegessen und getrunken, aber der kräftemäßige Einbruch kam in der brütenden Hitze trotzdem gnadenlos. Ich hatte Druckstellen nicht ernst genommen und mir Blasen gelaufen. Der ersehnte See, den ich mir so schön einsam vorgestellt hatte, hinter Wall und Hang versteckt, es zog sich ewig hin. Ein kurzes Wasserspiel an einem kleinen Strand brachte dann endlich etwas Erfrischung.

Der Weg zum angelegten, offenen Campingplatz war einfach eine Quälerei. Ich fühlte mich so kraftlos. Gegen 20 Uhr hatte ich ihn erreicht. Freute mich nur auf eine Dusche, aber die war verschlossen. Ich spürte meine Müdigkeit und Erschöpfung.
Ich habe Resumee gezogen. Die kommenden Meilen sind kein Spaß und die letzten 20 Meilen führen durchgehend bergauf nach Whrigtwood und haben keine Wasserstelle. Das würde bedeuten, mindestens 8 Liter Wasser tragen zu müssen. Nein, dazu bin ich momentan einfach nicht in der Lage – zumal ich nicht muss.
Also: Mal wieder springen….
Kurz: 250 Meilen Fahrt nach Bakersfield mit Rick, dem ich über Uber gefunden habe, für 90 Dollar.
Wir kamen an Stellen vorbei, an denen ich schon vorbei gelaufen bin. Das kann schon ein bisschen wehmütig machen…

Glücklicherweise hatte der Bus nach Lake Isabella Verspätung, so musste ich nicht drei Stunden dort verbringen, sondern konnte gleich einsteigen.
Auf der Fahrt wurde mir deutlich bewusst, was Schneeschmelze heißt: Der Fluss Kern hatte vor ein paar Tagen nicht halb so viel Wasser.

Nun bin ich wieder hier in Lake Isabella.
Was ist das für ein Weg?
Wie kann man sowas annehmen, das so zerrissen ist? Von wunderschönen, wie entmutigenden Momenten durchzogen? Kein Ziel, kein echter Wille? Zu was?
Aber noch halte ich fest an den schönen Momenten. Ich will sie wieder haben.