Ein Schrei
ohne Ohr
ist ein Schrei
Eine Frage
ohne Antwort
eine Frage
Ein Spiegel
ohne Antwort
ist ein Glas
Ein Puzzle
ohne Bild
ist trotzdem ein Puzzle
braucht aber einen besonderen Blick.

Ein Schrei ist ein Schrei, eine Frage eine Frage
Muss ein Schrei gehört werden?
Braucht eine Frage eine Antwort?
Oder: Ist ein Bedürfnis nur eine Laune des Gehirns?
Welches Bedürfnis muss wirklich gestillt werden? Jetzt, heute, wenn wir erwachsen sind? In der Lage sind, zum Amt zu gehen: Braucht es da sowas wie das Gefühl des gehaltenen „Gehörtwerdens“, „Gesehenwerdens“, „Daseindürfens“, Nähe, Zuneigung, Bestätigung?
Es gibt Stimmen, die sagen, ein Mensch sei ein Gesellschaftstier und brauche die Antworten, das Gehörtwerden, soziale Bestätigung der Gruppe, ja, sogar Körperkontakt?
Mache ich nur Getue, schmarotze, heuchle, konsumiere ich nur Existenzerlaubniskalorien?
Oder bin ich ein Wesen, von dessen Gewimmer andere ihr „Gottseidankbinichganzanders- oder Ganznormal-Sein“ definieren – im Kontrast des Vergleichs, im Erteilen von Therapiestunden, im Anlegen einer Akte des deshalb existenzberechtigten Amts, weil es noch mehr von uns gibt…?
Ein Spiegel ohne Antwort ist ein Glas
…mein Reptilhirn, zuständig für die Beurteilung von Sinneswahrnehmungen, glaubt tatsächlich und immer wieder, haltlos in die Tiefe zu stürzen (lebensbedroht zu sein), wenn es keine Antwort, keine Bestätigung bekommt. Oder die Lösungen des Großhirns die Puzzleteile trotzdem nicht zur passenden Haltung bringen.
Es produziert „Schlimm“. Es glaubt, nicht da zu sein oder nicht da sein zu dürfen, also „weg“ sein zu sollen, aber trotzdem da zu sein…
Schuld und Scham, Zweifel am Urteil, Verzweiflung, Hoffnung und Verrücktsein sind eine logische Folge dieses Dilemmas des gleichzeitigen Daseins und Nichtdaseindürfens…
Dabei ist ein Spiegel ohne Antwort auch nur Glas. Beides ist eines – und, je nach Sichtweise, gleich zerbrechlich oder haltbar.
Ein Bedürfnis ohne Antwort ist und bleibt ein Bedürfnis. Es bringt mich nicht um, auch wenn mein Reptilhirn anders urteilt.
Alle Hirnteile dürfen lernen, dass sie da sind. Füreinander Frage und Antwort genug sein lassen lernen.
Das verstehe wer will! – IHIIICH!!!: ICH will!!! Aber dalli!
Ein Puzzle ohne Bild ist trotzdem ein Puzzle, braucht aber einen besonderen Blick
Kapitel 1: Puzzlen
Die Teile sind dieselben.
Früher haben die Teile zusammengehalten.
Nichts hält jetzt noch richtig.
Nichts hält mehr „Richtig“ zusammen. Es entsteht kein Bild mehr, so sehr ich mich auch mühe, die Teile passend zueinander zu bringen.
Kapitel 2: Mühen
Mühe ich mich wirklich genug?
Die inneren Kritiker sagen: „Nein“.
„Du musst Dich anstrengen.
Es muss mühsam sein.
Gib Dir mehr Mühe.
Du musst das alles doch schon lange können.
Das kann doch nicht so schwer sein!
Du stellst Dich nur an.
Stell Dich nicht so an!
DU stellst Dich was an!!!
Du willst doch gar nicht.
Kein Wunder, dass ich mit Dir nichts zu tun haben will.
Werd‘ endlich mal erwachsen.
Los, beeil‘ Dich…!!!
Du müsstest schon längst fertig sein!!!“
Mein ehemaliger Psychologe, so ich ihn verstanden habe, sagte bei unserem letzten gemeinsamen Termin: „Sie suchen zu viel. Solange Sie nicht bei einer Sache bleiben, sich nicht festlegen, ist jede Mühe aller Beteiligten umsonst.“
Ich fühlte mich verletzt, missverstanden, angegriffen. Verstand nur Vorwürfe… „Therapiehopping“ und „Therapeutenverschleiß“. Dabei hat er doch gesagt, ich mache zu viel? Meint er jetzt, ich mache „Um-den-heißen-Brei-Herumgetue“ oder meint er, ich brauche mehr von „Mich in Ruhe lassen“ und „mir vertrauen“? Oder beides? Dabei ist es doch einfach ’nur‘ seine Einschätzung, vielleicht noch nicht mal seine Wahrheit…
Es gibt so verdammt viele Wahrheiten…
Es gibt Stimmen (in mir), die sagen: „Ein Hirn umzuprogrammieren braucht seine Zeit. Jedes Hirn ist anders. Du musst es auf Deine Art machen. Zu der und im Rahmen der Zeit machen, die DEIN Gehirn, nicht Dein „Sollte“, braucht. Wie sollte es auch anders gehen?“
Und dann gibt es ein Zerverbrechen, ähnlich einem in sich zusammensinkendes Zeitrafferwelken, in mir: „Ich habe einfach keine Lust auf mich. Ich will das nicht mehr länger mitmachen müssen. Ich fühle mich widerlich an und weiß nicht, wie es anders gehen, werden soll. Es war doch schon immer so. Und ist immer wieder so. Das Leichte, das Vertrauen hat einfach keine bleibende Macht über mich. Es, dieses Getue ‚am Leben bleiben‘ ist der Mühe nicht wert. Es wird nie ein ganzes Bild werden, das vor meinem inneren Richter bleiben darf.“
Kapitel 3: Das staunende „Ah“
Und es gibt irgendwo eine Stimme, die sagt: „Ja, klar ist jede Mühe umsonst. Denn das Bild ist schon da.“ Und ganz einfach. Und eines beständigens Bewunderns schön.
Ich brauche nichts tun, denn es ist da.
„Es braucht nur den Blick“…
…das staunende „Ah“ ist schon da.
Das staunende „Ah“ ist schon da?
Blinzeln hab ich schon erlebt.
Glaube ich.
Kapitel 4: Glaube
Was???!!!
Soll das heißen, ich kann tatsächlich an etwas glauben?
T..Ja,…
Ich glaube, dass es ihn geben muss… Schließlich habe ich ihn schon erblinzelt… Ich glaube an den „Puzzlebildgott“.
Oder: Den „Gott“ im ungelösten Puzzle ohne Bild. Glaube an den Zwischenraum. Den, der es vermag, der alles zu eins ist und machen kann. Gleichzeitig. (… da war doch noch was? …Zitat am Rande gefällig? ) Der es vermag, das alles zu einem Bild zu machen, was eigentlich kein Bild darstellt.
Manchmal.
Trotzalledem.
Erblinzelter Glaube an den „Gott“, der es vermag, mir zu vermitteln, das alles (Puzzle und Eins, also) Puzzleeins ist.
Ich werde kapieren und damit (in Frieden, wenn ggf. auch gleichzeitig im Leiden zu) sein, dass nichts irgendein Teil oder Pixel sein muss, einen Raum einnehmen muss, eine Begrenzung hat, die hält. Ich werde verstehen, sein, dass nichts irgendwie anders sein muss… auch ich nicht…
weil es einfach (schon – und wahlweise mit Pünktchen über dem „o“) ist.
Es ist schon
begrenzt, gehalten, schrecklich, anders, leicht, besser, wieder und wieder widerlich… UND gut, wie es ist.
Ich weiß es schon lange und werde es nie kapieren. Und es ist gut und ich bin auf einem guten Weg, der gleichzeitig in den Abgrund führt.
Ich bin die, die haltlos in die Tiefe stürzt UND hält. Gleichzeitig.
Ich bin, sehe und fühle, auch wenn ich es gerade nicht fühle, sehe, bin:
„Ah“
Verständnis, Gefühl, Berührung, Kontakt zum Puzzlebildgott, der alles zusammen ist. Und mir gerade ein selbstvergackeierndes, zärtlich verhohnepiepelndes, aber aufmunternd erleichternde Lächeln ins Gesicht zaubert: …„Au weia, Karin…“
Mantra:
„Dieser Moment wird – wieder und immer wieder – gehenkommensein“

Zitat aus ‚das Leben des Brian‘:
Eine große Ansammung Menschen. Sie rufen alle gemeinsam, wie aus einem Munde:
„Wir sind alles Individuen!“
bis auf einen, der daraufhin meint: „Ich nicht.“
…
zurück …zum Leben des Ernstfaltenchirurgen 😉