Merk mir 2:

Auch im Repertoire:

Ausgewogen. Beweglich. Leicht.

Einen Zauber spüren.

Es nicht fassen können,

aber halten –

momentlang

Und:

„Schwanger mit Leichtigkeit“

 

Die Leere füllen – zwei Möglichkeiten

Etwas fühlen können, wenn auch nicht begreifen.


Ich mag diese Bilder. Besonders die ersten zwei. Alle entstanden, in guter Gesellschaft, einfach mir.

Und:

Ich habe Angst. Angst, die Bilder hier zu zeigen. Sie gegebenfalls der Lächerlichkeit, dem Unverständnis preis zu geben. Sie haben direkte Verbindung zu einem sehr verletzlichen Teil von mir. Es ist meine Aufgabe, ihm klar zu machen, dass ich Zuneigung für und Wundern mit ihm spüre. Die Verbindung ist da, wenn auch schlecht… Die Verbindung bricht komplett ab, aber ich finde sie – zu meinem Erstaunen – irgendwann wieder:

„Ich komme wieder.“

Wie schön ich diesen Moment finden kann, wie sehr ich ihn mögen kann – daran erinnern mich diese Bilder.

Dass muss diesem Teil als Vertrauensbeweis genügen.

Sahneklecks

„Tschüss… schönes Wochenende! Bis Dienstag!“

Langsam verstaue ich meine Sachen, umschiffe die Tretminen von Rottweilerdame Bajonett während ich das Rad zur Straße schiebe, steige auf und lasse rollen. Und jedes Mal, wirklich jedes Mal erstaune ich bei diesem Blick, der sich mir nach ca. zehn Metern bietet:


Er gefällt mir so sehr.


Links die Weiden des benachbarten Reitstalls (manchmal ist eines der Pferde darauf, andermal begleitet mich stattdessen – aufgebracht und grimmig bellend – der Wachhund des Hofes ein Stück). Rechts die kräftig rot blühenden Bohnen in sattem Grün – wie der Mais des anrainenden Feldes. Der landwirtschaftliche Seitenweg führt zur Straße leicht abwärts, so kann ich jedes Mal nach getaner Arbeit völlig tretfaul in diese Weite auf die Hänge des Schwarzwaldes blicken. Manchmal waren sie schon regenverhangen, aber nicht minder bezaubernd: Das Denken wendet sich zum Wundern und das Fühlen zum Staunen bei diesem Blick. Erleichterung macht sich breit –

Was für eine Belohnung nach der „Arbeit“ – Pferde, Heu, frisches Stroh –

wie ein frisch servierter Kaiserschmarrn, buttrig duftend verbunden mit einem Hauch Puderzucker. Dazu ein paar frische Erdbeeren mit einen kleinen Sahneklecks.

 

Merk Mir: Halt finden

Neulich litt ich mal wieder gründlich. Ich hatte schon eine Ahnung, aber ich konnte sie nicht umsetzen: Körperliche Bewegung ins Freie hätte auch dem Gefühlserleben als Be-frei-ung aus der Bedrückung dienen können.


„Und wenn nicht?“

Wenn es nicht helfen würde, würde es ja noch schlimmer werden – lähmte der Gedanke, passend zum erstarrenden Gefühl der diffusen Angst.

Wenn das Hilfsmittel, dass sich schon so oft bewährt hatte, nicht mehr helfen würde… das „Notfallantibiotikum“ nicht mehr greife?

So passte sich der Gedanke dem Körpergefühl der durch Angst gebremsten Getriebenheit an.

Es müsse derartig furchtbar sein, wenn das so verlässliche Hilfsmittel „raus, Ablenkung, Bewegung“ nicht helfe, dass ich das zu erleben lieber nicht riskieren wollte und verharrte stattdessen im Leid: „Da weiß man, was man hat.“

Es war ein grausam erlebter Nachmittag.

Ich hielt mich krampfhaft im Leiden – verstärkte es also nur – um nur nicht den Halt zu verlieren.


 

Abends aber hatte ich einen Termin: Der Wiederbeginn unseres Tanzkurses brachte mich auf die Füße. Nicht, dass ich auch nur eine Spur von Lust verspürt hätte – das Gefühl der Verpflichtung half mir.

A. ging nicht auf meinen Wunsch ein, uns doch bitte am Veranstaltungsort zu treffen, und fing mich an der Haustüre ab, um mir einfach beim Fußweg Gesellschaft zu leisten – ob ich wolle oder nicht. Schon das alleine lockte eine kleine, vorsichtige, verlocke(r)nde Freude und ihre Freundin, die Dankbarkeit, auf die Bühne.

Und das Tanzen mit ihm brachte die beiden zum Durchbruch: Ich hatte einfach Spaß!

Ich bemerkte erstaunt das Einssein: Freude (Gefühl), Lachen, mein „Tanzen“ (Körper) – und erlaubte es (Gedanken). Welch ein ungeahntes, umfassendes, blitzartiges Wunder der Wende!

Es hat wieder geholfen, das Breitbandantibiotikum „Bewegung“ und zudem das Teilendürfen: Geteiltes Leid und geteilte Freude…

Es greift Mal um Mal zuverlässig.


Und wenn nicht?

Dann werde ich sehen, erleben, fühlen, denken. Es, etwas, wird sein (und – ob ich will, oder nicht – vorbei ziehen wie ein Wetter…). Der Horizont, die Erde, die Menschen, vielleicht das Leiden – jedenfalls: Etwas wird sein.

Die Option, mich in diesem Moment gehalten fühlen zu können, wird sein.

Und wenn ich das, was da ist (der Moment, die Freude, das Leiden, die Angst, das Verlorensein, die Verzweiflung, Ratlosigkeit,…), akzeptiere, dann werde ich sagen können:

Meine Art, mich in diesem Moment gehalten fühlen zu können, wird sein.

Es ist mein Ausdruck, mich gerade so in diesem Moment zu befinden, aufzuhalten…

Oder sogar: Ich halte mich im Jetzt.

Und das nächste „Jetzt“ (z.B. mich einzuladen, mich zu bewegen, die Entscheidung, es zu tun – oder auch nicht) wird wieder eine Option sein, mich gehalten fühlen zu können.

Vielleicht ist es nur ein seltsam verschrobenes Konstrukt, Vertrauen zu er-finden.

ja

und

 


… „veröffentlicht vor 8 Stunden“… sagt der Editor.

und die erste Bewährungsprobe stellt sich ein. Die Angst ist da und sucht sich einen Grund. Einen Halt in möglichen Ursachen und Lösungen.

Weiteratmen. Die Angst ist da und sucht sich einen Halt. Dabei braucht sie keinen. Sie ist da.

Atmen. Mehr ist nicht zu tun.

Dosenöffner

Ich fand ihn in der Küchenschublade meines gerade bezogenen, übervoll ausgestatteten Einzimmerappartements. Ich beachtete ihn zunächst gar nicht besonders. Er war einfach nur ein Teil unter vielen, die ich in den Wäschekorb legte, um ihn mit diesen zur Spülmaschine im Nachbarhaus zu transportieren. Mein Vorgänger hatte seine Maßnahme vorzeitig abgebrochen und wohl anderes im Kopf, als die Küchenutensilien in einem sauberen Zustand zu hinterlassen…

Eigentlich alle anderen Gegenstände trennten sich in der Gastronomiespülmaschine spätestens nach dem dritten Durchgang von ihren Anklebnissen, aber der Dosenöffner hielt trotz manuellen Zwischenarbeitsschritten mit Spüli und Bürste einem Teil seiner erworbenen Errungenschaften fest die Treue.

Es handelte sich um ein metallenes Ikea-Standartmodell im Edelstahllook mit reichlich Rostansatz – und eben hartnäckig haftendem Küchendunst- und Doseninhaltrestschmodder.

Eigentlich war ich wütend. Oder beekelt – und wütend – darüber, dass Hr. D. seinen Nachfolgern diesen, seinen Dreck einfach so hinterlässt. Darüber, dass der Träger der Einrichtung keine Verantwortung für solche Fälle einer überhasteten Übergabe übernimmt. Darüber, dass dieser Dosenöffner meinen Bemühungen so lässig trotzte.

Und ich spürte Ekel. Ekel und Wut…

„Stell‘ Dich nicht so an!“

raunte es aus den Tiefen des Nervensystems bzw. den Wahrheiten der Überlebensregeln aus den Kindertagen.

Und dieses „NEIN“ war da, einfach da. Ich konnte es hören hören und akzeptieren. Das „NEIN“ zum Dosenöffner. Diesen Dosenöffner wollte ich nicht in meinem Appartement haben, noch nicht mal in der Kiste mit all dem Krempel, den ich bis zum Auszug nicht brauchen werde. Diesen Dosenöffner wollte ich nicht in meinem Leben haben.

So stellte ich mich –

meinen inneren Kritikern, nahm das mir, jetzt, so gesehen, sehr wertvolle Stück und übergab es der zuständigen Hauswirtschafterin. Sie solle mit ihm machen, was sie wolle. Ich jedenfalls sage „Nein“ zu ihm.

Sie hatte die Kiste mit für mich Überflüssigem an mich zurück überwiesen. Auch die riesige Rührschüssel mit Deckel musste ich wieder mitnehmen und selbst verwahren. Den Dosenöffner aber nahm sie an sich und ich musste auch keine Austauschexemplar mitnehmen: Mein Nein zu ihm war also zu verstehen.

Und mit ihm mein Nein zu den Wahrheiten meines alten Leitsystems – meine Gefühle (Ekel, Wut) und Bedürfnisse (Respekt, Soseindürfen) seien zu übergehen, nicht wichtig, und ich habe gefälligst dafür zu sorgen, sie zu unterdrücken.

So lege ich das Nein zu diesem versifften Dosenöffner in meine Errungenschaftskiste als griffiges Beispiel, also ein immer wieder anwendbares Werkzeug, für hoffentlich noch viele, sich zwar fremd, aber irgendwie auch reizvoll, abenteuerlich und – alles in allem -echt gut anfühlende „Neins“.