Spiel zu dritt

Es ist schon nach zwölf. Habe mich entschlossen, den Videovortrag abzuschalten und das Häkelzeug aus der Hand zu legen.

„Schluss jetzt, ab ins Bett, Karin!“ …dabei bin ich schon lange darin…

Habe das Fenster aufgemacht. Sterne gesehen. Die Nacht ist mild. Immer wieder denke ich daran, wie es wäre, draußen zu schlafen, ein wehmütig-sehnsüchtiger Erinnerungsfetzen hört das Geräusch beim Schließen des Zeltreißverschlusses, das Rascheln der Stoffe, spürt beim blinden Versicherungsgriff zu Stirnlampe und Handy den erhofften Widerstand der Gegenstände, senkt sich schließlich in den leichten Dauenschlafsack und ist sich in der frischen, klaren Luft zufrieden, ja, glücklich bewusst. Die Vorstellung im Freien zu schlafen, erleichtert mir, mich „richtiger“ zu fühlen.

Mensch, Karin, was schreibst Du da schon wieder? „Richtiger fühlen…“

Ach, was soll ich sagen, es ist wie es ist.

Ja, klar. Gerade heute auf der Radtour im kräftigen Wind musste ich an mein zweites Zelt denken und wie schlecht es abzuspannen ist. Es hätte schrecklich geflattert und mich wohl kaum gut schlafen lassen. Aber in meiner Vorstellung… jetzt, im mir momentan viel zu warmen Bett…

Gerne draußen zu schlafen ist gelebtes „Anders sein“. Und das fühlt sich und denkt sich, so unspektakulär, zaghaft, feige es sein mag, für mich in diesem Moment, einfach gut an.

Am allerliebsten habe ich mir auf dem PCT ja sogar das Zeltaufbauen gespart und unter freiem Himmel geschlafen.

Er verblasst. War ich wirklich dort? Es war zu kurz. Es war genau richtig so. Ich habe dort so viel über mich erfahren. Habe zwar nicht viel von ihm entdeckt, aber von mir. Ich würde gerne nochmal hin, einfach nur um dort zu laufen. Um mehr diesen Weg zu begehen, zu erleben, weniger mich… Ich war zu viel für mich, nicht er. Ich habe mich als reine Zumutung erlebt. Allen wunderbaren Begegunen und Begleitungen zum Trotze. Wie wunderbar muss es sein, wenn ich gelernt hätte, mich (mir) anvertrauen zu dürfen und zu können.

Um so den PCT entdecken zu können, statt „nur“ mich.

Gerade im Nachhinein war alles richtig so, wie es war.

Nein, mein verlässliches Urvertrauen werde ich wohl nirgendwo mehr finden: Das auf Dauer haftende, oder zumindest ganz leicht zugängliche Grundgefühl, dass ich selbst in Ordnung bin, die Welt und die Weise, mit der ich in Beziehung trete auch.

Aber das Vertrauen kann wachsen, dass ich mehr und mehr lerne, mir und meinem Erleben kreativ, freundlich, wohlgesinnt, neugierig, offen, interessiert begegnen zu können. Und das es sehr wohl sowas gibt, das sich gut anfühlt. Und das Urvertrauen existiert ebenfalls sehr real, ich kann es spüren im Spiegel der Sehnsucht. Es ist da, und sei es schmerzhaft verzerrt, aber ich kann es fühlen. Und das ist wunderbar.

Man ist auf dem PCT nie wirklich alleine. Man bekommt von überall her Hilfe. Nie habe ich mich wirklich in Gefahr gefühlt: Im Gegenteil! Hilfe gab es in herzzerreißender Fülle.

Und dennoch: Ich, das Wesen Karin, habe dort gelernt, wie sich mein Grundgefühl, das ich schon so oft in meinem Leben in Worte gepackt hatte, wirklich anfühlt. Trotz oder vielleicht wegen aller entgegengesetzter realer Erfahrungen habe ich dort erstmalig die Wirklichkeit gefühlt, die ich mein Leben lang nur wusste zu sein.

Egal. Unwichtig. Zu viel. Last.

Nur durch Konsum oder Leistung etwas wert.

Inmitten von Menschen verlassen.

Mich im Kontakt seiend auflösend (den Schutz verlierend)

und deshalb sichtbar werdend:

Ich lebe, deshalb bin ich ein Leben schuldig.

Und muss mich dafür schämen.

Ich habe – ob ich es will oder nicht, ob ich es verstehe oder nicht, und sei es, dass es keinen Funken der tatsächlichen Realität entspricht – mich in meiner Kindheit, von denen, die für mein Überleben zuständig waren, nicht geliebt, sondern lästig, unwert und somit (als schutz- und hilfsbedürfitges Wesen) lebensbedroht erlebt, also mich/mein vegetatives Nervensystem so fühlend erschaffen.

Genau das habe ich mir im Glas des PCTs, diesem phantastischen Weg unter so vielen wunderbaren Menschen, selbst gespiegelt:

Ich habe – ohne realen Grund – gelitten unter dem „Mich getrennt und vollkommen unwichtig fühlen“, also die alten Ängste erlebt. Ohne realen Spiegel (jemand, der diese Gefühle verursachen könnte) konnte ich nur unter mir selbst leiden. Ich bin für mich alleine verantwortlich. Und ich bin frei. In dieser Phase meiner Entwicklung, die ich bis zum PCT schon erreicht hatte, konnte ich für mich eine Entscheidung treffen, das grundlose, aussichtslose Leiden, das Leben ohne haltende Freude, ohne Selbstvertrauen und Hoffnung auf ein Ziel, das mich frei atmen lassen würde, beenden zu können und zu dürfen. Ja, auch zu müssen: Wenn man sich rein und klar als Last und „einfach zu viel“ empfindet, eine der Gemeinschaft pflichtbewusste Grundhaltung zueigen nennt, war es für mich befreiend, entlastend konsequent, diese Entscheidung zu treffen:

Auf dem PCT habe ich mir die Erlaubnis gegeben, es mir wert zu sein, mein Leben beenden zu dürfen. Denn bisher hatte ich mir dieses Recht, diesen Wert, meinen Selbstmord bzw. den Schock, den das verursacht, mir nicht zusprechen können. Ich hatte nicht den Wert, mir das (raus-) nehmen zu dürfen.

Ich habe mir dort sozusagen mein Leben genommen.

Und lade mich ein, mit mir zu spielen, statt nur ich mit ihm.

Das Spiel macht die Regeln. Aber es braucht mich, damit es mit mir spielen kann. Das Leben will mit mir spielen, sonst wäre ich nicht mehr am Leben. Ich habe noch oft keine Lust, mich wirklich mit den Regeln auseinander zu setzen… habe Widerstände (Angst, Trotz, Opferrolle, Kleinfühlen, um Hilfe suchen…). Die Regeln scheinen mir zu sagen, ich könne mir selbst mein Spielziel benennen und meine Spielzüge in die Regeln einbauen… Aber ich traue mich nicht, rätsele lieber, suche,… glaube, auf der Suche nach den Regeln und dem einzigen, besten Spielzug zu sein. Dabei spiele ich gerade „Rätseln“.

Das Spiel spielt mir zu. Es glaubt an mich. Jetzt muss nur noch ich daran glauben, auch Spiel zu sein, nicht nur Figur. Es geht nicht darum, mitspielen zu dürfen, sondern bereits zu sein.

Ein Spiel, in dem es nicht um gewinnen geht, um das Regeln machen, um die Angst rauszufliegen, verloren zu gehen oder darum, ein genialer, tragender, mitdenkender Partner zu sein, sondern um das Spielen.

Keine Sorge, Ihr Lieben:

Ich spiele gerade mit mir „Rätselsein“.

Und die Regel sagt, dass ich manchmal das Gefühl habe, ich sei alleine damit. Ich halte mich an meine Regeln aus vergangenen Kapiteln: Die Figuren spielen mit. Aber ich werde sie schon einzuladen lernen – hier auf vulkanigem Terrain, in blinden Fetzen, als schwerhöriger Dirigent, der sich noch nicht wirklich traut „Schlimm“ einfach liebend zu leben.

Gegenstände von Nutzen

Als Beispiel dient der motorgeschädigte Dacia.

Er war ein Ding, das seinen vorrangigen Nutzen für mich vollkommen verloren hatte und nun nach einer ( – völlig anderen – ) Aufgabe rief.

Die Aufgabe (in zweideutiger Hinsicht) gliedert sich in mindestens zwei Teilaufgaben.

Teilaufgabe eins war die Trennung, Teilaufgabe zwei die Entscheidung.

Der Prozess der Trennung fühlt sich nicht gut an. Ein Dazwischensein. Kontakt mit Misstrauen und Angst.

Die Befürchtung, ich könnte (in Zukunft) mit meiner Fehlentscheidung konfrontiert sein, schwemmt also Gefühle ins Bewusstsein. Das Problem ist, dass ich als Karin, die ich bin, oft „Schlimm“ als Bewertung für alles mit im Gepäck habe. Und Schlimm hat die Power eines wütend gewordenen Elefantenjungbullens. Er glaubt, die Bühne gegen „irgendwas da draußen oder drinnen“ verteidigen zu müssen und setzt seine Grenzen übergriffig wie eine Flutwelle. „Schlimm“ macht blind für Hoffnung und Zuversicht, setzt sich fettleibig vor den Mut und erstickt die Lungenflügel des Vertrauens, die Offenheit dem Leben gegenüber, kurz: Schlimm verhindert die freie, klare Sicht, die für Teilaufgabe zwei hilfreich wäre, also die Sicht auf das Ziel, die bewusste Entscheidung.

Teil eins der Aufgabe des Gegenstandes, das seinen Nutzen für mich verloren hat, ist also durch meinen „Schlimm“ ziemlich erschwert.

Umso klarer ich die Entscheidung treffe, desto präsenter ist Schlimm.

So löste ich Teil zwei der Aufgabe, die Entscheidung, fast „aus Versehen“ und folgte dem vorsichtigen Schritt, zu dem ich mich entschieden hatte… er führte in die richtige Richtung, also in Richtung „Getrenntsein vom Dacia“ (Aufgabe/Hingeben des Problems „Dacia“), war aber unklar, wischiwaschi,…

Die darauffolgende Entscheidung zur Trennung, war keine von schwarz oder weiß, vollzog sich aber dennoch:

…und dann war er weg und geht seinem jetztigen Nutzen nach.

Es fühlt sich gut an. Aber dieses gute Gefühl ist, wie die getroffene Entscheidung, sanft. Es könnte besser sein. Das Hochgefühl klarer, der Körper aufrichtiger. Und der ganze Prozess, also Trennung und Entscheidung, hätte mich nicht so lange (ja, Schlimm, ruhig Blut…) beschäftigen müssen. Aber diese Sanftheit ist vielleicht (vielleicht: „noch“, vielleicht: „manchmal“) mein Mittel, meinen Schlimm zu besänftigen, zu bändigen.

Es ist mein Chor.

Gegenstände

Warnung: Nu wird’s uh…jujui und pfffhhh. Ich muss schonmal über mich selbst grinsen. Nach außen sicher nur fast unsichtbar zu sehen, aber ganz sicher zu spüren. Eine angenehme Leichtigkeit macht sich breit und spielt mit den Widerständen. Gut so, dann haben sie zu tun.

…und mein Hirn sprudelt…

Widerstand hat die selbe Herkunft wie Gegenstand:

Etymologie: Das Wort »wider« ist synonym mit »gegen«, sodass »Widerstand« usprünglich das Gleiche bedeutete wie »Gegenstand«, nämlich »Entgegenstehendes« oder »Hemmendes«. »Gegenstand« ist im Laufe des 18. Jahrhunderts als eine Eindeutschung für »Objekt« gebräuchlich geworden, während »Widerstand« den ursprünglichen Sinn behielt.

kopiert von der Webseite: gestalttherapie-lexikon.de/widerstand.htm

PS: Und in beiden Wörtern ist „Tand“ enthalten…

 

In dieser Reihe von Blogbeiträgen möchte ich mit der Idee spielen, mich über „Gegenstände“ meinen inneren Widerständen gegen „mich“, also meinem Erleben, Werten, Urteilen, meiner Erlaubnis, mich frei und meiner sicher zu fühlen, zu nähern um mich auf diesem Wege einzuladen, mich zu weiten.

 

Wie es dazu kam:

Ich erkenne gerade (mal wieder), wie schön es ist, etwas entsorgen zu können.

Bringt man es zum Müll oder zu Ebay habe ich damit ziemlich ausgesorgt.

 

und mein Hirn sprudelt…

 

„Umsorgen“ = Einpacken, umhüllen, abdichten, verstecken, Übelkeit, Ekel, Druck

Also zur „Sorge“, mich sorgen um…. muss ich unbedingt auch mal was für mich zu fassen zu bekommen. Aber erstmal soll es um Gegenstände gehen…

Grob eingegrenzt habe ich erstmal

  1. Gegenstände von Nutzen und
  2. Gegenstände von Erinnerungen (kommt später, jetzt, K-Freitag, 14:11 Uhr, muss ich dringend Motorradfahren; Ziel: Eisdiele in Kurvenendbachtal)

Schlaf‘ gut

Habe gerade nochmal hier reingeschaut.

Warum?

Früher in der Höhle haben sie vielleicht auch nochmal nach einander geschaut, ob alle da sind, einen sicheren Platz haben. Man war aufeinander angewiesen. Da war das Gefühl der Verbundenheit nicht nur schön, sondern auch praktisch.

Denke einfach gerne an Euch, die Ihr im Kreise meines Verbundenheitsgefühls so herzlich willkommen seid. Gerade jetzt im Moment der aufkommenden Ruhe nach einem eindrucksvollen Tag.

So wünsche ich Dir – und mir auch – eine gute Nacht

Schlaf gut

und wache gemütlich auf

wohlig räkelnd

viel leicht

Widerstand

Ja, aber…

…nicht schon wieder!!!

das darf doch nicht wahr sein. Das kann ja gar nicht wahr sein.

Irgendwas stimmt hier nicht.

…sind Grundeinstellungen, die mich immer wieder in die Zweifel versetzen, die die Verunsicherung manifestieren, die dann wieder Schlimm und Getue auf den Plan holen.

Ja, aber.

Schlimm will gar nicht nach Hause geschickt werden. Er will von alleine gehen dürfen.

Ich zucke mit den Achseln und schnaufe aus.

Ja, manchmal fühlt es sich echt schlimm mit mir an. Und ich seufze. Und muss über mich still in mich rein lachen. Und schon ist es besser.

Ja, und ich kann was mit mir machen, versuchen mich für neue Spiele zu gewinnen.

Ich brauche nichts dagegen machen oder damit tun.

Hast Du es jetzt endlich kapiert, Karin?

Ja. Zu mir. Auch die Zicke gehört dazu.

Und?

Mal sehen, was jetzt kommt. Wer mitspielen will und welche Regel ich nochmal durchspielen muss.

Los geht’s: Auf in ein Neues, vielleicht ganz….

Tu‘ was

Tu‘ was!

Mach‘ Dich nützlich

Mach Dich nützlich = Du bist unnütz. Du bist Last.

So tue ich „was“: Getue. Schlimm. Leiden gehören zusammen.

Ich weiß doch nicht

was ich will wie das geht ob ich es richtig gemacht habe was ich tun soll was will ich denn wirklich will soll kann wohin bin ich gut genug ich werde nie richtig sein mich richtig fühlen wohin ich kann doch nicht ich kann nicht alle werden niemals wird

Angst

Ich lerne, etwas für mich tun zu können aus dieser Angst.

Ich lerne, etwas tun zu können, statt der Angst

Statt dem Leiden, statt dem Schlimm, statt dem Getue.

Ich habe schon gelernt, mein Klangspiel anzustupsen. Zu summen. Mich zu bewegen. Für einen schönen Duft zu sorgen.

Ich lerne auch noch, anzurufen. Zu essen, was ich will.

Mit dem Neinhören tue ich mich schwer, aber das darf gerne ehrlich sein.

Und irgendwann lerne ich Neinsagendürfen.

Unnütz zu sein.

Unnütz

sein zu dürfen.

Und:

richtig

gerne

auch

anders

wenn ich Lust dazu habe.

Lust, Gier, Wut, laut Lachen

Stimme

Prusten

Angst vor dem Danebensein?

Neben mir finde ich mich gerade ganz prima.

Teil 3: Einladung

Glücklichseindürfen, hab‘ keine Angst. Lass‘ Dir die Zeit, die Du brauchst.

Auch wenn Du von irgendwoher hörst, Du musst für immer da sein, lass‘ Dich nicht beirren. Bleib zart, neugierig, schmecke den Mut, solange er Dir schmeckt. Du musst nicht aufessen. Du musst nicht essen, was anderen schmeckt. Du musst nicht wachsen um unlästig zu sein. Du musst auch nicht stark werden.

Versteck‘ Dich da hin, wo Du Dich sicher fühlst.

Du kannst und machst das prima. Aber ich weiß, Du lukst irgendwann wieder hinter einem Baum hervor. Oder lässt Dich in einem Kitzelkleinenwummsmoment in einem Husch erwischen. Oder streichst im Wind vorbei.

Ich will er-leben, was Du wirst, bist.

Du musst nicht groß sein, nicht größer sein als Du bist. Du nicht.

Ich lerne, auf Euch alle aufzupassen.

Und jetzt, gerade

fühlt es sich verdammt richtig und gut an.

Teil 2: Herzlich willkommen, Schlimm

So saß ich beim Kaffee und dachte…

Schlimm hat nichts mit meinen Eltern zu tun, er gehört als schlichte Zustandsbeschreibung ins und zum Hier und Heute.

Aber schon der Umkleidekabine überfiel er mich wieder.

Und er ließ sich fassen, anfassen, angreifen:

Er gab mir zu verstehen, dass er ein alter Bekannter ist. Das er ins Alte gehört, da gehört er hin.

Schlimm gehört zur Vergangenheit. Ich packe Schlimm in die Gegenwart und er gehört ins Alte. Schlimm war damals!

Ich ziere mich noch immer, aber es war wohl wirklich schlimm. „Schlimm“, das Chormitglied fühlt sich da, dort, beim Alten, richtig aufgehoben an. Er will da hin. Und ich muss ihm erlauben, das Alte schlimm sein zu lassen.

Wenn mich jemand nach meiner Vergangenheit fragt, erzähle ich die, meine, Fakten tonlos oder gepresst, weil ich mir nicht eingestehen kann, das es schlimm war. So schlimm war es nicht. Wir hatten es gut. Unsere Eltern haben alles für uns getan und noch mehr. Sie haben sich sogar aufgeopfert nur für uns… ich habe keinen Grund zum Jammern. Andere Leute haben wirklich Grund, die dürfen es haben, dass es ihnen schlimm geht. Ich habe keinen Grund. Wirklich nicht. Alles nur Getue…

Schlimm! Und schon ist Schlimm wieder im Heute und „nervt“.

Ich stand in der Umkleide. Versicherte mich nochmals, dass die Türen verschlossen waren. Ich stand da, lehnte mich an und weinte mit der Erkenntnis vor Glück.

Schlimm darf da hin, wohin er gehört. Ich darf ihn immer wieder los und zurück in sein nach Hause lassen, wenn ich ihn mal wieder ins Hier und Heute verfrachtet habe. Darf ihm auch einen liebevollen Ermutigungsstartstupser geben. Darf ihn ansehen, liebhaben als „Schlimm“. Er ist wer.

Er ist nicht mehr „Nichtgewesenseindürfen“, er darf Schlimm sein.

Ich weinte noch ein bisschen bis es sich besser anfühlte. Versicherte mich nochmal bei der Kleinen. Sie könne noch nicht sprechen, aber es sei gut so. Es fühlte sich gut an.

Und ich stand unter der Dusche und summte vor mich hin. Ich ließ mich (mich) hören. Und ich freute mich darauf, in das kalte Wasser zu steigen. Mich spüren. Und ich hörte beim Schwimmen diese wunderbare Musik (7. Sinfonie von Beethoven) und ich musste mitten im Becken innehalten und lachen. Und später auf der steilen Bergabfahrt musste ich laut vor mich hin lachen. Einfach so. Und es hörte sich neu an, fremd. Und ich lachte darüber.

Vor Glück.

???

Herzlich willkommen im Leben, Glücklichseindürfen?!!!!

Wo Schlimm nicht mehr ist, gibt es Raum und Sicht und Fläche für andere Wesen.

Teil 1: Schlimm

Mag man in unserer Gegend schwimmen gehen, hat man reichlich Auswahl, aber mein Favorit ist das Europabad in Wetzlar. Und zur Krönung gibt es in der dortigen Pizzeria auch noch einen echt guten Kaffee aus italienischer Maschinerie und Hand.

Dieser war mein Begleiter, als ich mich auf die Suche nach diesem Chormitglied machte. Essen und Trinken, geschmacklicher Genuss ist Begleitung, Versuch des Soseinlassendürfens.

Was sich in meinem Erleben in den letzten zwei Jahren geändert hat, ist zum einen, dass ich mich besser fühle – manchmal auch in qualitativer Hinsicht… aber beeinträchtigt fühle ich mich vor allem durch meine Bewertung:

„Schlimm…

sind nicht die Gefühle, schlimm ist der Widerstand dagegen.“ wie mein Psychotherapeut so treffend bemerkte.

So leide ich immer wieder „schlimm“ besonders unter Zweifeln, Ratlosigkeits- und Ohnmachtsgefühlen, unter Ängsten und mehr oder weniger unterdrückter Wut. Ich mag mich einfach nicht „darum“ kümmern und schon gar nicht adäquat für mein Erleben und Bewerten einstehen. Fühle mich so schuldig. So will ich nicht sein. Sollen sich andere drum kümmern. Es soll anders sein. Sie sollen anders sein. Ich soll anders sein… nur nicht so, wie es ist. Getue! Angst! Wütiges Knirschen gemischt mit Angetriebensein ohne Richtung…

Schlimm.

Was ist mit diesem „schlimm“?

Welches mir so oft begegnet, immer wieder, schon seit langem und in letzter Zeit so klar.

Ich malte mir „Schlimm“ mit großen Buchstaben. Und nun war es so weit, ich riskierte einen Blick auf „schlimm“. Was steckt hinter diesem sich so schlimm anfühlen? Was ist denn so schlimm?

Was ist denn (so), Schlimm?!

Und da wurde er irgendwie schlagartig zu Schlimm.

Ein Chormitglied!

Wow!

Hier ist eine Pause nötig. Ich bin so begeistert über mich, ich kann es gar nicht ausdrücken. Mein Hirn macht das wunderbar, voller Wunder. Genau richtig für mich. Wie kann ich das erklären?

Danke: Auch

Es ist Samstag. Ich komme gerade vom Markt.

Es ist wieder Frühling und ich hatte Lust auf die Farben von Erdbeeren, bunten Ranunkeln und die Farben der Lust unter diesen Menschen zu sein, die sich vielleicht aus demselben Grund dort hin bewegen wie ich.

Kümmelroggenbrötchen?

Wer sie kennt: Sicher ja!

Bergkäse aus Österreich. Ein Bund Salatkräuter – mit Borretsch! Kaffee aus der Rösterei.

Da ist es mir wieder begegnet, dieses „Auch“

Rost

Eine, so, wie sie mir gerade im Sinn ist, herrliche Farbe!

Und sie passt zum Herbst. Damals war ich zuletzt in der Kaffeerösterei am Domplatz, die ich zuvor regelmäßig, und ganz sicher bei jedem Markgang besucht hatte.

In der warmen Jahreszeit kann man von dort aus das bunte Treiben so gelassen aus den bequemen Sesseln heraus beobachten. Von Menschenhänden gehalten ziehen Körbe, Rollatoren, Hunde und Kinder vorbei. Ans Ohr dringen Stimmen-, Glocken und Motorengeräusche.

Für den stolzen Preis konnte ich dort immer mehr genießen als den Kaffee, das gereichte selbstgemachte Butterplätzchen in Herzform, den wohlig warmen und doch kräftigen Duft. Genau passend hatte ich immer die respektvolle Zuwendung des Inhabers empfunden. Er vermitteite mir Wertschätzung seines Produktes und seinen Gästen gegenüber. Er strahlte für mich aber auch eine angenehme, angemessene Anerkennung seiner eigenen Leistungen, aller Zutaten seiner Ladenführung aus.

Und ich nahm es als einen besonderen Vertrauensbeweis, als er mich vor Monaten wegen eines persönlichen Bedürfnisses heraus ansprach. Die Kleine in mir war so überrascht, fühlte sich gesehen und machte sich deshalb auf – zur kindlichen Freude.

Genau so, also aus einer kindlichen Enttäuschung heraus, beleidigt war ich nach meinem letzten Besuch im Herbst.
Denn seine Zuwendung galt nicht seiner Kundschaft, seinem Betrieb und auch nicht mir, sondern gänzlich einem Computerspiel auf seinem Laptop: Der Lack war ab! Ich schien mich getäuscht zu haben.

Fortan mied ich – bis heute – sein Geschäft. Es, nein, er schien mir verlogen zu sein.

Was hat „Rösterei“ mit Rost zu tun?

Dinge brauchen Weile, das Rösten wie der Rost. Heute war ich schon fast auf halbem Weg zu Hause, als ich meine Lust auf den guten Kaffee mit dem Grad des Beleidigtseins aufwog und mich für die Umkehr entschied. Eine Kaffeerösterei ist für das Frohlocken des Gaumens im Hier und Heute zuständig, nicht für die Versorgung von kindlichen Seelenwunden.

Es brauchte seine Zeit, wahrzunehmen, das alles zugleich da sein darf: Lust, Bedürfnis, Enttäuschung. Ich muss nicht auf den Kaffee und das Ritual um die Rösterei verzichten, nur weil ich zu einem kleinen Teil enttäuscht bin. Nein: Ich darf den Kaffee, also das, um was es eigentlich geht, nun aus der Enttäuschung heraus noch mehr würdigen.

Heute bin ich diese Erkenntnis feiernd Kaffee trinken gegangen.

Ist Ent-Täuschung nicht – auch – etwas Wunderbares?

Sattleuchtendes Rostorange entsteht im Vergehen.

Heimweg

Manchmal vermeide ich es auf den Markt zu gehen. Marktbesuche sind mit Sehnsucht verbunden. Sehnsucht nach Sicherheit, erlebt im Teilen und Teilsein. Manchmal tut mir das zu weh.

Manchmal aber mag ich die stille, passive Teilhabe. Das mich bei aller Scham „Versteckenkönnen/Verstecktsein und deshalb trotzdem Dabeiseindürfen“ – Gefühl.

Heute konnte ich es anders sehen. Heute konnte ich das „Auch“ sehen…

All das, was ich vermisse, findet – vielleicht – woanders wirklich statt. In meiner Phantasie wünsche ich diejenigen glücklich, die ich sehe. In meiner Phantasie kümmern die sich um das, was ich gerade nicht kann. Sie er-leben es. Wenn die Erfüllung meiner Sehnsucht Wirklichkeit ist, sei es auch außerhalb meiner selbst, existiert sie. Dann lebe ich in einer – zumindest in Teilhaftigkeit existierenden – wunderbaren Welt. Es ist alles da. Und somit möglich!

So schön zu wissen…!

Mitgefühl

Wenn mir jemand, der mir am Herzen liegt, sagt, die Ampel ist grün, ich sehe aber nur rot? Ich glaube alle Menschen würden das als rot bezeichnen, wie kann es da grün sein?

Wie kann ich einem solchen Menschen dann vertrauen? Oder mir? Oder den Menschen?

Also wenn meine Wahrnehmung nicht stimmt… nicht überein stimmt mit der einer Vertrauensperson, oder mit der Wahrnehmung, die die meisten Menschen haben könnten?

Dünnhäutig wie ich bin, kann ich ob dieser Frage verzweifeln: Das sich manchmal so verdammt richtig anfühlende „Falschseingefühl“.

Und ich bin gründlich dabei…: Schwarz-Weiß Denken, zertrennend teilen in „richtig“ und „falsch“.

Gestern fand ich einen Spalt ins Freie… in eine neue Dimension, einen Spalt ins „Auch“. Und es fühlte sich blendend schön an.

Ich bat (ungerichtet, ins „Irgendwohin“) um Mitgefühl.

Nein, nicht um Mitgefühl für mich, also nicht um jenes für mein Erleben. Sondern ich bat darum, mitfühlen zu können –

also auch bzw. mit empfinden zu können, was mein Gegenüber sagt, das es für ihn oder sie stimmt. Mich stimmig fühlen. Einstimmen können. Trotz und bei meiner Wahrnehmung bleiben, die vielleicht anders, aber meine Wahrheit ist. Zerrissenheit zulassen können, ohne mich und mein Gefühl in Unwert zu zerteilen oder andere zu entwerten.

Ich bat um Mitgefühl.

So darf alles da sein: Nichtteilseinkönnen, Möglichkeit und Hoffnung.

 

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