…für Euer Interesse an meinem PCT Abenteuer.
Es ist vorbei.
…für Euer Interesse an meinem PCT Abenteuer.
Es ist vorbei.
Seit 11 Tagen bin ich wieder in Deutschland. Drei Nächte habe ich bei Frank, zwei bei Muttern, zwei unterwegs, drei in Wetzlar und nun eine bei Ruth verbracht. Jeden Tag hatte ich Kontakt zu mir lieben Menschen. Ich tanke auf. Mal für Minuten, mal für Stunden. Ich übe, das Willkommensein auch zu fühlen – und oft gelingt es mir auch.
Aber es treibt mich – weg von Wetzlar.
Ich möchte Euch etwas von meiner dortigen Ankunft erzählen.
Es war letzten Donnerstag, der 22. Juni. Klaus hatte mir in der Nacht zuvor auf dem Zeltplatz in Leun Gesellschaft geleistet. Auch sein Bruder Ralph kam vorbei. Nach Wetzlar ging ich die ca. 15 km zu Fuß. Ganz langsam, so bewusst wie möglich, habe ich mich an „zu Hause“ angenähert.
Vor der Haustür gab Hajo das Empfangskomitee. Aber auch das hat nicht geholfen: Kaum war ich oben in der Wohnung, musste ich wieder raus. Es war wie eine Flucht. Habe lange mit Ulli telefoniert, bin ein bisschen gelaufen, habe mich mit Eis und Zeit beruhigt und mich später abgelenkt mit Vorbereitungen für meine Willkommensfeier.
Könnt Ihr Euch vorstellen, wie erschlagen man sich von der Normalität einer unveränderten Wohnung fühlt, von all dem Kram und Krempel, wenn man wochenlang aus einem Rucksack gelebt hat? Und eigentlich nichts an Eigentum vermisst hat?
Ich spüre, wie wenig ich mit meiner in den letzten Jahren gelebten „Normalität“ zu tun haben will. Spüre die Last, die in Dingen lagert. Dinge haben in der Vergangenheit Lebenszeit gekostet. Und sie fordern dieselbe in der Zukunft. Fühle mich verpflichtet. Und flüchte.
Flüchte zu dem, was ich vermisst habe: Zeit mit Freunden. Und die Fähigkeit, diese mit ihnen genießen zu können.
Gerade, jetzt im Moment, ist Ruth mein Zuhause.
Schön, dass Du Urlaub hast! Danke, dass ich hier sein darf. Fühle mich wohl und willkommen. Jetzt.
„Alles in Bewegung“, sagte Ulli.
Das Gras, die Äste der Bäume und die Wolken bewegten sich im leichten Wind.
Demselben, der leicht über meine Haut strich.
Das Auto des Altschäfers störte mich lange. „Wenn es doch nur weg wäre“, dachte ich mir, „könnte ich ein schönes Erinnerungsfoto machen.“
Aber gehört es nicht zu diesem Moment? Er wäre nicht er selbst, stünde das Auto nicht dort.
Ja zu dem, was ist.
Nein zum „Ja, aber wenn?“
Kaum gedacht, Foto gemacht, war das Auto weg.
Praxislernen.
Heute hat mich Ulli besucht.
Wir liefen eine kleine Runde und setzten uns anschließend auf eine Holzbank, schauten in die Ferne, die nächste Woche und einer Schafherde zu.
Ließen Gedanken schweifen, gehen und kommen.
Wir hatten Zeit, teilten und schenkten sie uns selbst – gleichzeitig.
Ich fand Ruhe und nahm sie mir.
Für lange, vier schöne Stunden.
Vielen, vielen Dank, Ihr Lieben – für Euren Besuch!
Das war so schön mit Euch. Wiedermal mitten drin zu sein in einem Haufen lieber Menschen. Fühle mich noch heute getragen wie in einer warmen Badewanne voll Frohsinn und Zuneigung.
Spüre, dass er da ist – mein Platz – bei Euch im Sinn und Herzen.
Egal, wo ich bin.
Kühl, frisch und sieben Uhr ist es, als ich die ersten Schritte mache.
Der Rucksack fühlt sich gut an, ist angenehm leicht. Er ist mir vertraut, aber wir Zwei passen gerade nicht zur Szene, denke ich mir.
Nicht nur das üppige Grün des Waldes, sondern auch die mehr oder weniger ebenen, oft schnurgeraden, breiten Wege wirken befremdlich auf mich. „Du bist verwöhnt“, sage ich mir, vom Geschlängel des PCT, seinen spektakulären Aussichten, ja, und irgendwie auch den Anforderungen. Ich fühle mich fast ein bisschen gelangweilt und frage mich, ob ich das schon Arroganz nennen soll.
Aber der Wald nimmt mir das nicht krumm und lädt mich ein, seine Schönheit neu zu entdecken.
So viele Vogelstimmen gleichzeitig habe ich in den letzten Wochen zum Beispiel nie gehört. Wunderschön! Und blühende Orchideen habe ich in deutschen Wäldern bisher auch zuverlässig übersehen.
Keine endlos wirkenden hügeligen Dürre- und Waldbrandwüsten, sondern bis auf den letzten Zentimeter (aus-) genutzte, fruchtbare Ackerflächen.
Die wildwüchsigen, farbenfrohen „Untermieter“ machen nicht nur mir, sondern auch Hunderten von Bienen Freude.
Nach ca. 22 km hatte ich mein Ziel erreicht.
Pünktlich zum Mittagessen!
Nun ist der PCT ja Geschichte.
Ich werde hier trotzdem weiter schreiben in der Hoffnung, Ihr begleitet mich noch ein bisschen auf meinem Weg.
Die Reise soll mich nach Hause führen.
In das Gefühl, am rechten Ort zu sein, willkommen und genau richtig, so wie ich bin.
Ich erlebe es manchmal im Beisammensein mit Euch.
Aber vielleicht kann ich dieses unglaublich schöne Gefühl ja einladen, sich auch in mir einen Platz zu suchen.
Es einladen, sich breit und wohlig zu machen.
Heute habe ich meinen Rucksack gepackt. Ein paar Dinge habe ich aussortiert, aber im Grunde genommen entspricht der Inhalt dem, was ich auf dem PCT dabei hatte. Natürlich ist der Verpflegugsbeutel sehr viel kleiner.
Und darin ist Vollkornbrot – sowas gibt es in den USA gar nicht!
In vier Stunden holt mich ein Minicar ab. Es fährt mich ins ca. 40 km entfernte Örtchen Taunusstein-Orlen.
Ich habe mir den Ort auf der Karte ausgesucht als erste Möglichkeit der Zersiedlung im Rhein-Main Gebiet zu entgehen.
Von dort aus möchte ich über Strinz Strinitatis, Panrod und Kirberg ca. 25 km zu meiner Mutter eine recht hügelige Strecke nach Hünfelden-Ohren gehen. Das sollte ich in einem Tag schaffen, auch wenn mir kein gutes Kartenmaterial zur Verfügung steht. Vor der ersten einsamen Campingnacht in freier Natur in Deutschland ist mir schon ein bisschen mulmig zumute, ich schiebe sie gerne noch ein Weilchen hinaus.
Als Begleiter wünsche ich mir die Leichtigkeit, die Freude, die Zuversicht, Milde und Klarheit. Kraft und Mut.
Gestern hat mich mein Bruder Frank in Rüsselsheim mit offenen Armen empfangen. Ich bin wieder hier. Hier in „da“, wo man meine Sprache spricht.
Hier, wo meine Freunde leben.
In Rüsselsheim ist Hessentag, eine Art Volksfest. Es passt zu dieser irgendwie irrealen Situation, vor ein paar Stunden noch auf einem anderen Kontinent gewesen zu sein, sich jetzt in diesen Menschenmengen zu bewegen.
Körperlich anwesend, Teil der Menge und außenstehender Beobachter zugleich.
Frank und ich haben viel geteilt. Wir schenkten uns unsere Zeit.
Frank hat mir ein Fahrrad besorgt, sodass ich mich hier frei bewegen kann. Heute war ich im Ostpark, habe mich ins Gras gelegt und den Vögeln zugehört.
Vor ca. 46 Jahren stand hier „Radfahren und Enten füttern“ auf meinem Lehrplan.
Heute: „Da sein“.