Flüchten mit Genuss

Ich bin in León. Ein Tag mit wenig Laufen, dafür mit Menschen.

Kathrin aus Canada, die mich so lieb getröstet hat.

Pilar, die mich im Café fragte, ob ich mit nach León wolle, obwohl sie weder Deutsch noch Englisch und ich weder Spanisch, Baskisch oder Französisch spreche. Sie stellte Telefonkontakt zu ihrer deutschsprechenden Freundin her und bot mir mit deren Übersetzungshilfe an, bei ihr zu schlafen, was ich aber ablehnte.

Fernando, ein freiwilliger Helfer in der Herberge in León, der mir ausführlich und mit Ruhe und Begeiterung den Camino San Salvador von León nach Ovieto erklärte, den ich vielleicht einschlagen werde, um wiedermal kleine, schmale Wege zu gehen und mich ein bisschen mehr als Person statt als Nummer zu fühlen.

Die Albergue Monasterio de Benedektinas wurde mir von einem Wanderer ganz am Anfang des Weges empfohlen, da man hier Informationen über den Camino San Salvador erhalte. Wie viele Betten so ein Schlafsaal hat, ist mittlerweile Nebensache 😉 Nur wünschte ich mir mittlerweile (es ist 2:30 Uhr nachts) etwas mehr Luft zum Atmen…

Die Herberge liegt in der Altstadt und somit nah am Zentrum.

Sechs Euro Eintritt in die Kathedrale habe ich mir gespart, zumal ich gespannt auf die Nonnengesänge der Messe war. Aber sowohl diese als auch die Pilgersegnung am Abend trieben mich umgehend wieder zur Flucht. Ich mag lieber draußen sein und üben, mich als Teil des Lebens zu fühlen, als in dicken Mauern brüchigen Stimmen zuzuhören oder um die Gnade zu flehen, mir meine „Sünden“ zu nehmen…

Nein, lieber ein bisschen Stadtleben atmen… faszinierend, wie lebendig und „leicht“ diese spanischen Städte am Abend sind.

Es war ein Genuss, ein bisschen Teil zu haben.

Betteln müssen

Ich hatte das Gefühl, ich muss winseln um „Gesehen werden“ oder z.B. um körperliche Nähe. Ich sei doch schon zu groß dafür, nur weil mein Bruder kleiner war.

Das Gefühl ist wieder da.

Durch betteln etwas zu bekommen, steht einem nicht zu. Man fühlt sich wie Dreck.

Unwert, anzunehmen. Mich oder das, was gegeben wird. Egal.

Ich kann Menschen verstehen, die stehlen.

Sie verdienen es sich.

Die Tresore meiner Sehnsucht sind Asche und Staub.

Schöne Einsamkeit

Sie kann so schön sein.

Der Camino ist zur Zeit recht leer. Die Strecke zwischen Burgos und Leon ist verrufen ob ihrer langen schattenarmen Geraden, die oft an oder auf Strassen entlang führen. Es nehmen wohl viele Wanderer den Bus.

Besonders leer war heute die Alternativroute von Calzada del Coto nach Mansilla del las Mulas. Sie führte auf einer alten Römerstrasse weit ab von befahrenen Wegen entlang, war aber auch länger als der Hauptweg. Gerade, wenn mal eine Wolke am Himmel war,  wurde es so wahrnehmbar still.

Der Moment, der mir ganz nahe ging, war kurz, aber ließ mich Dasein:

Ein Greifvogel hat mich mit seinem Schatten berührt.

 

Auf dem Weg und in Burgos

Da hinten liegt Burgos
noch führt der Weg gefühlte Ewigkeiten an Strassen entlang

auch 150 Betten können ganz schnell voll sein

Jetzt liege ich hier, das Stimmengewirr der lebendigen Innenstadt dringt auch noch in den 6. Stock. Draußen findet das Leben statt, hier wird in den 30 belegten Betten des Raumes teilweise schon geschlafen.

Blick auf die eine Hälfte des Raumes…

Und morgen geht es weiter…

39,5 km in einen 18 Betten Schlafsaal

Mehr als noch das drohende Gewitter trieb mich die Vorstellung auf Essen zur Aubergue San Juan de la Ortega, hatte ich doch nur noch ein paar Nüsse im Rucksack. Ich kam kurz vor Küchenschluss an.

Schon 12 km zuvor hätte ich ein Bett im Schlafsaal haben können, entschloss mich aber zur Flucht, wohl wissend, das die nächste Herberge recht weit entfernt ist.

Ich tue mich schwer mit dem Dasein. Hier wie überall. Aber ab Burgos, ca 26 km entfernt, muss man wenigstens nicht mehr an der Straße voller dröhnender LKWs entlang laufen.

Nun liege ich im 18 Doppelstockbetten Schlafsaal. Nur ein Platz ist frei. Das wird was…