Widerstand

Ja, aber…

…nicht schon wieder!!!

das darf doch nicht wahr sein. Das kann ja gar nicht wahr sein.

Irgendwas stimmt hier nicht.

…sind Grundeinstellungen, die mich immer wieder in die Zweifel versetzen, die die Verunsicherung manifestieren, die dann wieder Schlimm und Getue auf den Plan holen.

Ja, aber.

Schlimm will gar nicht nach Hause geschickt werden. Er will von alleine gehen dürfen.

Ich zucke mit den Achseln und schnaufe aus.

Ja, manchmal fühlt es sich echt schlimm mit mir an. Und ich seufze. Und muss über mich still in mich rein lachen. Und schon ist es besser.

Ja, und ich kann was mit mir machen, versuchen mich für neue Spiele zu gewinnen.

Ich brauche nichts dagegen machen oder damit tun.

Hast Du es jetzt endlich kapiert, Karin?

Ja. Zu mir. Auch die Zicke gehört dazu.

Und?

Mal sehen, was jetzt kommt. Wer mitspielen will und welche Regel ich nochmal durchspielen muss.

Los geht’s: Auf in ein Neues, vielleicht ganz….

Danke: Auch

Es ist Samstag. Ich komme gerade vom Markt.

Es ist wieder Frühling und ich hatte Lust auf die Farben von Erdbeeren, bunten Ranunkeln und die Farben der Lust unter diesen Menschen zu sein, die sich vielleicht aus demselben Grund dort hin bewegen wie ich.

Kümmelroggenbrötchen?

Wer sie kennt: Sicher ja!

Bergkäse aus Österreich. Ein Bund Salatkräuter – mit Borretsch! Kaffee aus der Rösterei.

Da ist es mir wieder begegnet, dieses „Auch“

Rost

Eine, so, wie sie mir gerade im Sinn ist, herrliche Farbe!

Und sie passt zum Herbst. Damals war ich zuletzt in der Kaffeerösterei am Domplatz, die ich zuvor regelmäßig, und ganz sicher bei jedem Markgang besucht hatte.

In der warmen Jahreszeit kann man von dort aus das bunte Treiben so gelassen aus den bequemen Sesseln heraus beobachten. Von Menschenhänden gehalten ziehen Körbe, Rollatoren, Hunde und Kinder vorbei. Ans Ohr dringen Stimmen-, Glocken und Motorengeräusche.

Für den stolzen Preis konnte ich dort immer mehr genießen als den Kaffee, das gereichte selbstgemachte Butterplätzchen in Herzform, den wohlig warmen und doch kräftigen Duft. Genau passend hatte ich immer die respektvolle Zuwendung des Inhabers empfunden. Er vermitteite mir Wertschätzung seines Produktes und seinen Gästen gegenüber. Er strahlte für mich aber auch eine angenehme, angemessene Anerkennung seiner eigenen Leistungen, aller Zutaten seiner Ladenführung aus.

Und ich nahm es als einen besonderen Vertrauensbeweis, als er mich vor Monaten wegen eines persönlichen Bedürfnisses heraus ansprach. Die Kleine in mir war so überrascht, fühlte sich gesehen und machte sich deshalb auf – zur kindlichen Freude.

Genau so, also aus einer kindlichen Enttäuschung heraus, beleidigt war ich nach meinem letzten Besuch im Herbst.
Denn seine Zuwendung galt nicht seiner Kundschaft, seinem Betrieb und auch nicht mir, sondern gänzlich einem Computerspiel auf seinem Laptop: Der Lack war ab! Ich schien mich getäuscht zu haben.

Fortan mied ich – bis heute – sein Geschäft. Es, nein, er schien mir verlogen zu sein.

Was hat „Rösterei“ mit Rost zu tun?

Dinge brauchen Weile, das Rösten wie der Rost. Heute war ich schon fast auf halbem Weg zu Hause, als ich meine Lust auf den guten Kaffee mit dem Grad des Beleidigtseins aufwog und mich für die Umkehr entschied. Eine Kaffeerösterei ist für das Frohlocken des Gaumens im Hier und Heute zuständig, nicht für die Versorgung von kindlichen Seelenwunden.

Es brauchte seine Zeit, wahrzunehmen, das alles zugleich da sein darf: Lust, Bedürfnis, Enttäuschung. Ich muss nicht auf den Kaffee und das Ritual um die Rösterei verzichten, nur weil ich zu einem kleinen Teil enttäuscht bin. Nein: Ich darf den Kaffee, also das, um was es eigentlich geht, nun aus der Enttäuschung heraus noch mehr würdigen.

Heute bin ich diese Erkenntnis feiernd Kaffee trinken gegangen.

Ist Ent-Täuschung nicht – auch – etwas Wunderbares?

Sattleuchtendes Rostorange entsteht im Vergehen.

Heimweg

Manchmal vermeide ich es auf den Markt zu gehen. Marktbesuche sind mit Sehnsucht verbunden. Sehnsucht nach Sicherheit, erlebt im Teilen und Teilsein. Manchmal tut mir das zu weh.

Manchmal aber mag ich die stille, passive Teilhabe. Das mich bei aller Scham „Versteckenkönnen/Verstecktsein und deshalb trotzdem Dabeiseindürfen“ – Gefühl.

Heute konnte ich es anders sehen. Heute konnte ich das „Auch“ sehen…

All das, was ich vermisse, findet – vielleicht – woanders wirklich statt. In meiner Phantasie wünsche ich diejenigen glücklich, die ich sehe. In meiner Phantasie kümmern die sich um das, was ich gerade nicht kann. Sie er-leben es. Wenn die Erfüllung meiner Sehnsucht Wirklichkeit ist, sei es auch außerhalb meiner selbst, existiert sie. Dann lebe ich in einer – zumindest in Teilhaftigkeit existierenden – wunderbaren Welt. Es ist alles da. Und somit möglich!

So schön zu wissen…!

Mitgefühl

Wenn mir jemand, der mir am Herzen liegt, sagt, die Ampel ist grün, ich sehe aber nur rot? Ich glaube alle Menschen würden das als rot bezeichnen, wie kann es da grün sein?

Wie kann ich einem solchen Menschen dann vertrauen? Oder mir? Oder den Menschen?

Also wenn meine Wahrnehmung nicht stimmt… nicht überein stimmt mit der einer Vertrauensperson, oder mit der Wahrnehmung, die die meisten Menschen haben könnten?

Dünnhäutig wie ich bin, kann ich ob dieser Frage verzweifeln: Das sich manchmal so verdammt richtig anfühlende „Falschseingefühl“.

Und ich bin gründlich dabei…: Schwarz-Weiß Denken, zertrennend teilen in „richtig“ und „falsch“.

Gestern fand ich einen Spalt ins Freie… in eine neue Dimension, einen Spalt ins „Auch“. Und es fühlte sich blendend schön an.

Ich bat (ungerichtet, ins „Irgendwohin“) um Mitgefühl.

Nein, nicht um Mitgefühl für mich, also nicht um jenes für mein Erleben. Sondern ich bat darum, mitfühlen zu können –

also auch bzw. mit empfinden zu können, was mein Gegenüber sagt, das es für ihn oder sie stimmt. Mich stimmig fühlen. Einstimmen können. Trotz und bei meiner Wahrnehmung bleiben, die vielleicht anders, aber meine Wahrheit ist. Zerrissenheit zulassen können, ohne mich und mein Gefühl in Unwert zu zerteilen oder andere zu entwerten.

Ich bat um Mitgefühl.

So darf alles da sein: Nichtteilseinkönnen, Möglichkeit und Hoffnung.

 

Ins Auch tauchen

Wummwochen

Manchmal ist so ein „Wumm“ nötig.

Ich bediene mich mal wieder eines Bildes, um auszudrücken, wie sich für mich anfühlt, was gerade geschieht.

Sicher kennt ihr es. Mir kommt Kaffee in den Sinn. Die frisch erworbenen Kaffeebohnen passen nicht ins Glas. Manchmal genügt ein dumpfer Schlag auf das Gefäß, manchmal folgen vielleicht ein paar freundliche Stupser. Der Inhalt wird in Bewegung versetzt, die Einzelzeile schaffen sich eine neue Ordnung und geben Raum frei.

Könnte man dieses Bild auf Leinwand bringen, würde ich es mit „Wumm“ betiteln. Und ich würde, genau betrachtet, nicht es meinen, sondern den Schwung.

Diesen freundlichen Schwung, der den dumpfen, schmerzhaften Schlag begleitet wie ein Schatten, wie ein Wind, wie ein guter Freund. Beide können nicht ohne einander.

Dieses Wumm aber setzt alles in Bewegung, löst kraftvolle Schwingungen aus.

Das mag befreiend klingen, im Kleinen gesehen aber werden Teile aus ihrer gewohnten Lage gepresst, gezwungen, umhergewirbelt, vielleicht gerissen. Das tut weh. Es wird ungeheuer viel Raum geschaffen, aber Raum und Teile sind zunächst wild durchmischt, der Ausgang offen. Nur die Schwerkraft sorgt irgendwann wieder für Richtung.

Und vielleicht kommt irgendwann auch mal wieder alles zur Ruhe und der Raum wird klarer.

In meinem Denken und Erleben finden gerade Wummwochen statt.

Der Motorschaden des gerade mal siebeneinhalbjährigen Dacias bei 185000km war so ein Schlag. Noch immer habe ich nicht entschieden, wie es für „mein“ Auto weitergehen soll.

Auch das gestohlene Portemonnai war so ein Zwang zum Fühlen und Handeln, zur Auseinandersetzung, dem mich Stellen einer „Aufgabe“, die ich bis jetzt noch nicht gänzlich gelöst habe… Wie sehr will ich mich schützen, wie sehr vertrauen? Kann ich mir meine Wertgegenstände anvertrauen? Und was ist für mich eigentlich, wirklich von Wert? Wo will ich welche dieser Papiere und Karten aufbewahren? Welche mit mir führen? Mit welchem Material, welcher Form, welchem Inhalt will ich mich befassen? Was ist mit dem Trotz, dem Widerstand, dem Ekel vor und bei all diesen Fragen?

Ich nahm das Angbot meines Bruders an, seinen Vectra auf unbestimmte Zeit nutzen zu dürfen. Genau drei Tage stand dieser so wunderbar gepflegte Wagen schadlos vor dem Haus – bis zum ersten Heckenkontakt mit Lackschadenfolge. Ein Tag später dann kaufte ich das Auto, nachdem ich – von den Schließungszeiten des Schwimmbads getrieben – flott dorthin ausparkte, wo einfach kein Raum dafür war. Jetzt ist es meines.

Gestern war ein kompletter Tag im Wumm, aber das war gestern. Gut so. Vorbei.

Und heute, am Freitag, 17.02.2019 finde ich dieses Ding, diesen… im Briefkasten…

Einen Wummschlag… also: Umschlag mit Inhalt, der dieses Gefühl auslöst, das ich gerade versucht habe zu beschreiben.

Die Rentenversicherung hat den dreizehnwöchigen, medizinischen Teil der beantragten langfristigen Rehamaßnahme bewilligt, an den sich, je nach erarbeiteten Aussichten, der berufliche Teil der Reha, direkt anschließen kann. Alles in allem kann die Maßnahme über zwei Jahre andauern.

Ohne Gezacker, Gutachten, Ablehnung, Widersprüchen… einfach so:

Genehmigt.

Ich musste raus. Der blaue Himmel wies auf die Konturen des Doms… die Sonne traf warm auf mein Gesicht. Die Angst regt sich. Die Hoffnung fühlt sich gemeint. Alles ist irgendwie dumpf betäubt von diesem Wumm…

Vor fast einem Jahr, noch benommen, gerade angekommen in der Klinik in Herborn, stellte mir die als Mensch anwesende Ärztin, die ich trotz all ihres Stresses noch heute in so guter Erinnerung habe, im Aufnahmegespräch diese Frage: „Was können wir für sie tun, Fr. Nies?“ und ich staune noch heute darüber, wie leicht es mein Hirn vermochte, die schlichte, reine, klare, ehrliche Wahrheit in vier Worten zu verdichten, zu formen und auszusprechen

 

Ich brauche eine Perspektive

 

Und es ist noch alles in Bewegung. Schwung presst sich in den Raum, um ihn frei zu geben.

Da ist die Perspektive.

Sie meint mich.

Und ich nehme sie an.

Klamüsern

„Wir wissen, sie haben einen sehr schweren Weg vor sich.“

Reaktion in Sekundenbruchteilen (empfunden gleichzeitig):

Wahrnehmungspaket Nr.1:

vorranging: Gedanke: „Das sagt die doch zu allen.“

(und nebenbei: Warum redet „die“ von „wir“, wenn sie alleine ist?)

Gefühl: Wut, Ärger

Körper: taub… dumpf

Gedanken: „Die“ meint das nicht ernst, die sagt das nur so,…

Wertung: Abwertend, herablassend

(was wieder Schuld auslöst, denn so will ich nicht über andere denken!!!)

Alte, aktivierte Glaubenssätze: Du kannst den Menschen nicht trauen. Du kannst Dich nicht verlassen.

Handlungsimpuls: Grinse, schau durch sie durch, sag irgendwas und denke dir deinen Teil (=> Verlogensein)

Wahrnehmungspaket Nr.2:

Vorrangig: Körper: Feuchte Augen, Gänsehaut

Gefühl: Rührung

=> Körpergefühl: Da stimmt was, da ist ein Bedürfnis berührt, ein Bedürfnis nach Verständnis, „Nicht-Alleinesein“ bzw. „Soseindürfen“ (also: Sicherheit = Grundbedürfnis)

Gedanken: Da ist was berührt. Da ist was in Bewegung gekommen. Mein Körper lügt nicht. Sie hat mein Bedürfnis getroffen und ich konnte es spüren.

Außerdem mag ich die Frau und habe sie in den vergangenen Wochen als DBT vermittelnde therapeutische Mitarbeiterin sehr zu schätzen gelernt.

Wertung: Sie meint es ehrlich!

Handlungsimpuls: Schau‘ hin, fühl‘ hin, koste es – hier gibt es ein Stück von dem, was Du brauchst, wonach du dich sehnst. Sei Du: Berührt, bedürftig, dankbar und sage und zeige es.

…und was dann noch geschah:

Gedanken: Sie meint es ehrlich? Kann sie doch gar nicht wissen… (Wut) und: Ich will es aber gar nicht schwer haben!!! (Trotz) 

Wertung: Ich schaff’es eh nicht… Wenn es schwer wird verlassen mich Hoffnung, Zuversicht, Mut und Lust immer so schnell… (Unzulänglichkeit, Ohnmacht, Angst).

=> Bedürfnis nach Schutz und Hilfe (Sicherheit, Geborgenheit)

Gefühl: Scham

Gedanken: alte, tiefe Einstellungssätze:

„Du darfst keine Bedürfnisse (- außer „planmäßigen“ Hunger – ) haben, Du musst dich zusammenreißen, Du musst dich um dich selbst kümmern, Du bist Last, zu viel, nicht richtig im Wesen sein – falsch…)

Bewertung: Selbst-herablassend

Gefühl: Schuld (schützt vor der alten Angst)

Gedanke: Du wirst es nie kapieren.

Gefühl: Ärger, Wut… (auf mich – ist besser als die Angst)


Handlungsimpuls nach dem auslösenden Satz der Sozialarbeiterin:

=> Raus aus der Situation!!! (das wird mir zu viel…)


Ich folgte dem Handlungsimpulses des Körpergefühls, also des Wahrnehmungspaketes 2 und:

Schön war’s.

Wenn auch noch ein bisschen fremd…

So verabschiedete ich mich „anwesend“, aber schnell und ging in Ruhe in die Cafeteria. War unterwegs und klamüserte…

„Sie verzetteln sich“

Ja. Um zu finden.

Mich? oder

Etwas, das ich behalten will.


Die Wahrheit liegt dazwischen.

UND

Ich bin anders.


Natürlich sagt sie das zu allen. Weil es vermutlich für alle Patienten einer solchen Station stimmt. Zumindest empfindet sie es so. Dass sie es ehrlich meint, habe ich-Körper gefühlt.

Ein Weg ist genau so schwer oder leicht, wie man ihn gerade empfindet. Das Gefühl ist Teil des Weges, gehört dazu wie ein Baum am Rand, wie die Steigung oder die Aussicht, die Begleitung oder das Wetter.

Was also auch stimmt ist mein Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. Denn sie kann nicht wirklich wissen, dass mein Weg schwer wird. Und: Sie meint nicht nur mich, sie schert mich über den Kamm ihrer Erfahrungswerte.

Nicht stimmig sind auch diese Einstellungssätze. Sie sind nicht wahr, mein Hirn lügt mich an! Zudem haben sie fiese Gefühle im Gepäck. Höre ich sie, diese Sätze, ist das wie ein Schlag vor die Stirn, der alles dumpf erstarren lassen muss. Die Wut ist ein Ausweg aus diesem Erstarrtsein. Wütend zu sein, stimmt. Wegen der Stärke ihrer über so viele Jahre angewachsenen Ladung muss sie aber eine andere Richtung (als in Verbotensein und Unterdrückung, gegen mich selbst oder gegen die heutigen Auslöser) finden, eine Richtung, die „dazwischen“ liegt.

Alle Gefühle dürfen also da sein. Sie stimmen. Ich muss „nur“ aufpassen, was ich dazu denke und zu welchem Bild ich mich aus dieser Menge an „Zetteln“ entscheide.

Wunderbar war der scheue Auftritt meiner Bedürfnisse auf der Bühne.

Was macht es mir so schwer, sie in meiner Landschaft auszumachen?

Sie sind wohl eine mit kindlicher Angst gut getarnte Pilzart, die ich mit Übung in meiner Landschaft des Erlebens immer leichter finden werde…

Ich werde sie in ihrer Fremdsprache einladen,…

…ermutigen, lauter zu singen…

…ihre Umrisse in den Seiten voller Buchstaben und Bilder erkennen lernen?

 

die Wahrheit liegt dazwischen?

 

Vielleicht sind Bedürfnisse nicht Stimme des Chors sondern Klang? Nicht Zettel, Unterlage oder Kleber der Collage, sondern der Griff? Nicht Wesen der Landschaft, sondern mein Blick? Nicht der Weg hindurch, sondern die Richtung?

(Zettel, Zettel, Zettel..)

 

Herausklamüsert:

Vorstufe, mir Bedürfnisse (so kleinkindlich sie auch sind) erlauben und erfüllen zu lernen, ist es, sie zu erkennen.

Das ist bei aller angstbedingter Ungeübtheit, Einzwängung, Gewohnheit, innerer Abwehr und Widerwillen zur Veränderung gar nicht so leicht.

Will ich dennoch ein Bedürfnis erkennen, muss und darf ich mich an den Standortmerkmalen „Gefühle und Gedanken“ orientieren, aber auch an ihren automatisieren „Zertramplern“, den Einstellungssätzen.

Ein von mir ziemlich vergessener, aber deutlicher Hinweisgeber scheint der Körper zu sein. Aber ich lerne…

Und: Es fühlt sich einfach saumäßig gut an, dem Körpergefühl entsprechend zu handeln.

 

(*saumäßig gut nenne ich das Gefühl, das ich empfinde, mir vorzustellen, an einem heißen Tag einem wohlig grunzenden Schwein beim gründlichen Suhlen im Schlamm zusehen zu dürfen)

Es ist Angst

Die der alten Sorte.

Ausgelöst durch irgendwas.


Wie ging ich gerade damit um?

Wahrnehmen.

Registrieren, feststellen, dass es Angst ist (alleine das ist schon erleichternd!).

Unvorstellbar, wie schwer das war. Sie hatte sich zunächst mit einer großen Portion Trotz geschützt und dann mit Ignoranz, Rat- und Rastlosigkeit, Getriebensein, Wut, Aufregung und Hass getarnt.

Sie hatte Lust zu schreien. Und drückte mir auf den Hals. Wollte sich schlingen.

Weil sie so eine schlimme Angst ist.

Und so sehr nicht da sein durfte.

Fragen

Ist das Gefühl der Situation entsprechend passend?

Nein.

Wie hoch ist die Spannung?

(-> bei über 70 runter skillen)

Skills: Habe rote Dinge im Raum gesucht und 16 gefunden, nochmal überprüft, 17 gefunden. Hatte dabei den Kopf gehoben.

Habe mit Bleistift blind geschrieben. Irgendwas. Was mir in den Sinn kommt.

Habe im Buch über Angst gelesen (mich abgelenkt)

Habe neue Tasten auf dem Handy ausprobiert.

Bin mal raus vor die Türe. Luft, atmen, feste auftreten.

Entgegengesetzt Handeln:

Bin in der Situation geblieben. Realität überprüft.

Entgegengesetztes Denken:

Habe in Gedanken Kontakt mit Friedrich aufgenommen. Mit ihm ein paar Worte gewechselt. Auch auf dem Papier. Er weiß, dass ich auf einem guten Weg bin, auch wenn es sich gerade mal wieder sehr verrückt anfühlt. Er weiß das und weiß auch, dass ich das aushalte.

Entgegengesetzte Körperhaltung:

Aufrecht hinstellen. Fäuste ballen. In den Bauch atmen. Mit den Füßen aufstampfen. Fußspitzen nach außen. Blick nach oben. Gucken, was ist. Schultern zurück. Leise grollen oder knurren.

Ich bin in der Psychiatrie und darf das mir auch hier in der Cafeteria erlauben. Echt jetzt.

Bin verrückt und gut darin.


Es ist besser jetzt.

Ich weiß, sie kommt nochmal. Bis ich eine gute Lösung gefunden habe. Einen Kontakt, der mich wieder verbunden fühlen lässt. Manchmal reicht schon ein Blick, Lächeln einer wildfremden Person. Besonders wohltuend kann ein Telefonat sein (ein Zeichen von außen, dass ich auszuhalten bin dient mir dann als Spiegel, mich darauf vertrauen zu können, das aushalten zu können). Letztendlich: Meine Einwilligung zum Sosein. Und zum Traurigseindürfen.

Bis irgendwann Friedrich angewachsen ist.

Vertrauen in mich und die Welt – ganz oft eingeübt und dann irgendwann federleicht vorstellbar ist.

…und mein Hirn das im Automatikprogramm verschaltet.

Atmen.

Und ein bisschen stolz sein.

Auf Messers Schneide

Wie es mir geht.

„Borderliner“ sollen angeblich Gefühle intensiver erleben. Und das Abklingen der entsprechenden Hirncocktails soll länger dauern.

Nun, wie man die Intensität von Gefühlen messen und vergleichen will, weiß ich nicht.

Ich empfinde mich noch oft Gefühlen ausgeliefert.

Was soll das heißen? Gefühlen „ausgeliefert“ sein?

Beispielsweise „verzweifelt sein“ nicht als gewiss vorübergehenden emotionalen Zustand erleben zu können, der in Kontakt ist mit „irgendwas“ – mit einem „ich bin verzweifelt, weil…“ oder mit einem „es wird besser, wenn…“.

Es fühlt sich manchmal so wahr, wirklich, ehrlich „schlimm“ und alles vereinnahmend an. Ich bin dann nicht verzweifelt oder „in Verzweiflung“. Verzweiflung ist dann vollkommen wahr und sonst nichts mehr greif- oder vorstellbar. Da ist nichts mehr, das der Verzweiflung stand hält. Ich bin nicht „auch“ verzweifelt, ich bin Verzweiflung.

Worum es vielleicht geht, ist das bewusste Sein und Bleibenkönnen, das wahrnehmen, urteilen und handeln im Hier und Jetzt, in der Realität des Erlebens des Moments.

Was dann eben völlig fehlt, ist Kontakt zum Vertrauen. Wenn im Erleben von Gefühlen der Kontakt zu vergangenen, stärkenden Erfahrungen und die Zuversicht fehlt, das Vertrauen und die Glaubhaftigkeit in „es wird wieder gut“ fehlt, was bleibt dann?

„Mensch, Karin, Du bist 42, Elektroingeneur….“ …ach, nee: „Mensch, Karin, Du hast 49 Jahre lang funktioniert, bist 51 Jahre alt geworden… erzähl‘ mir nicht, da ist nix mehr…“

Ich kann es nicht anders beschreiben.

Die Abstürze fühlen sich dann eben völlig haltlos an. Ich stürze z.B. tief in die Verzweiflung, die Hoffnungslosigkeit, die Leere des Verlorenseins. Angst als Puffer.

Darüber liegt die Traurigkeit. Sie ist auch schlimm, aber sanftmütig.

Spöttisch zornig bitterscharfe Selbstkritik (Aura von „I.“), Scham und Schuld kann ich in guten Momenten, wie jetzt, als Helfer, mich bewahren zu wollen, sehen: Sie werfen sich vor das vermutet schlimmere Erleben, schützen mich vor dem Absturz. Wirklich Willkommen heißen kann ich diese Truppe aber auch nicht, denn auch sie fühlen sich wahr an und ich bin dann mit ihnen, unterwerfe mich, fühle mich schuldig und „muss mich schämen“, verurteile mich zertretend, erwürgend, vernichtend als hysterisch, völlig unannehmbar, schmarotzend, der Existenz nicht berechtigt, bin „ein Leben schuldig“ – lasse mich also aus ihren Bewertungen heraus leiten bzw. leiden.

Ja, und gerade merke ich wieder: Es hat was mit Balancierkünsten zu tun, im Hier und Jetzt zu bleiben. Auch jetzt muss ich mich schützen mit „Du übertreibst, Du spinnst, Du nimmst Dich zu wichtig, Du hast sie nicht mehr alle, Wie kann man denn sowas schreiben und das dann auch noch seinen Mitmenschen zumuten?“

Es ist die Schutztruppe, die weiß, dass ich mich gerade wieder ins Wanken bringe mit diesen Zeilen.

Zurück zum Balancieren… : Das mag – vielleicht – ein Unterschied von ‚Borderlinern‘ zu der Überzahl der Mitmenschen sein: Dass diese Linie des „normalen Bewertens und Erlebens“ schmal ist. Und dass es sich fremd und unwirklich anfühlt, aufrecht zu stehen und klar zu sehen.

Zudem bedarf es einigen Balancierkünsten, dort oben zu bleiben. Stürze sind vorprogrammiert. Und es braucht nicht nur einige Übung, wieder hinaufzuklettern, sondern es auch Erfahrungswerte, dass es sich lohnt, den alten, wohlbekannten Sumpf der Selbsterniedrigung, der kuscheligen Wärme der kleinkindlichen Hilflosigkeit und der bequemen Verantwortungsabgabe wieder und wieder zu verlassen.

Dazu geht es ja nicht nur nach unten…

Manchmal schwebe ich ein bisschen über der schmerzhaften Linie in das versponnene Verträumtsein des kindlichen Insicherheitfühlens / Allesinordnungseins, des kindlichen „IchbininOrdnung/Richtigseins“ oder des Wohlmöglichwahrwerdenkönnens. Das Hoffen aus dem Gefühl der reinen Unschuld heraus auf eine heile oder heilende Welt.

Das unvermeidliche Zurückkommen auf der Linie der Klarheit ist nicht nur betrauernswert ernüchternd, sondern auch schwer auszubalancieren: Die Folge ist ein gefühlter Sturz vom ersten Stock direkt in den Keller….

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…und ich weiß, nur mein Hirn spielt verrückt. Da ist was aus der Bahn geworfen. Da ist was, was wieder heilen kann. Es ruckelt halt noch…

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…Fortsetzung folgt.

Danke fürs Lesen bis hier hin!

Ich werde mich wieder finden. Messers Schneide platt treten. Mein Erleben balancieren lernen. Und das geschwinde Hinaufklettern auch.

Jetzt brauch‘ ich ’ne Pause. Und es ist Samstag, Zeit für den Markt und den Kaffee in der Rösterei… im Hier und Jetzt.

Vertrauung


Cafeteria oder Zuhauseseingefühl…

Stolz oder Trost

Nichts trifft wirklich zu.

Es ist ein Durchatmen, ein Lassenkönnen, ein kurzes „Ja“. Eine Einwilligung.

Hochzeit ohne jede Art von „müssen“: Aufgabe, Hingabe ohne Verlorengehen, Verlust, Gewinn oder Sieg.

In dieser Hinsicht könnte die Theke ein Traualtar des Augenblickes gewesen sein.

Vertrauung mit dem Leben.

 

Reise Standortbestimmung

Wo bin ich?

„Der Weg ist das Ziel“

Etwas in mir wehrt sich hartnäckig dagegen, diese Weisheit ein für alle Mal, endlich, verstanden zu haben. Immer wieder muss ich mich aktiv und bewusst aufmachen, öffnen, um mich diesen Worten wirklich zugänglich zu machen. Was heißt: Ich verschließe mich dagegen, kein Ziel zu haben und keines haben zu müssen. Ich wehre mich dagegen, kein Ziel erreichen zu können.

Ich will gestillt werden, ankommen und das Gefühl haben, mich in Sicherheit fühlen zu können.

Dabei hilft mir mein Leben so gut, Verständnis zu haben – in jedem Moment – dafür, dass ich so viel verloren habe, nur weil ich so viel erdacht hatte, zu haben oder zu brauchen, was einfach nicht (mehr) stimmt.

„Ich habe mein altes Leben verloren und noch kein neues gefunden“ schrieb ich neulich in der Problemerfassung für die Klinik auf.

Ist das nicht wunderbar?

Nein. Leider fühlt es sich oft nicht wunderbar an, sondern einfach nur schlimm.

Mein Hirn sucht Sicherheit in der Bewertung.

(Also: Habe ich Angst vor der Zukunft, ist das schlimm. Zorn zu haben oder wütend zu sein, ist schlecht. Verzweiflung auch nur zu erahnen ist schrecklich. Ekel zur spüren ist widerlich. Irgendetwas oder -wer macht mich…, lässt mich… fühlen,… was ich nicht will.)

So funktioniert es nunmal, das Hirn: Es sucht in den alten Schemata (wenn dies und das passiert, werde ich dies und das fühlen, mich in Sicherheit bringen und am besten mich so und so fühlen und verhalten) und greift auf die alten Bewertungen und Verhaltensmuster zurück. Gefühle lösen Gedanken aus und umgekehrt geht das auch.

Ich weiß nicht, wo die Henne ist und wer das Ei. Fühle mich manchmal wie im dichten Nebel einer mir fremden Erdbebenlandschaft verirrt.

Gerade jetzt im Moment ist es anders. Ich schaue auf diese Bühne, habe den Film gedrosselt, ein bisschen zurückgespult, angehalten und versuche auszublenden…

Es ist gut, sich von alten Mauern zu lösen, die sich früher sicher angefühlt haben, wenn sie es nicht mehr tun. Ich hatte mich mal in Sicherheit gewähnt, im Funktionsmodus, der bestand und sich gleichzeitig aufrecht erhielt. Der Weg tat sich einfach auf und ich bin ihn gegangen.

Irgendwann brach irgendwas zusammen.

Es ist nicht so, das es schmerzt, weil irgendwas kaputt geht oder einfach nicht (bzw. „mehr richtig“) tragen will. Das Schöne immer wieder durch die Finger rinnt, ich nicht halten kann, ich nicht vertrauen kann, mich nicht der Freude und Zuversicht hingeben kann, die Angst so groß ist wie die Sehnsucht und die Trauer und die Wut. Weil irgendwas war oder nicht war. Nicht ist, kommt oder geht…

Es schmerzt.

Es ist gut, sich von alten Mauern zu lösen. Das Dumme ist nur, daran zu glauben, dass es mit neuen Mauern (Bewertungen, Bedingungen,…) besser wird. Und darüber zu verzweifeln, nicht zu wissen, wohin die Reise gehen soll.

Der Weg ist das Ziel. Ich weigere mich, einen Weg zu sehen und verzweifele darüber. Oder ich sehe einen Weg und erkenne einfach nicht, dass es meiner ist. Oder ich sehe viele Wege und und kann mich nicht entscheiden, weil sich die anderen dann verschließen oder einbrechen könnten.

Noch ist es so, Karin. Einfach stehen und warten, bis der Nebel sich lichtet.

Heidi, langsam komme ich an den Punkt, diesen Satz, den Du mir vor Monaten schriebst, zu erfassen. Es ist gerade noch so. Punkt.

Ohne „immer“ vor dem noch.

(…und ohne „gerade“ und ohne „noch“. Und ohne „so“…)

Es fühlt sich an wie ungehalten stürzend. Oder getragen. Oder widerlich. Oder zart. Von Herzen oder eklig. Ratlos, verzweifelt oder verzaubert. Ich bin was wert oder nicht. Ich bin egal, war egal, zu viel, zu schlecht, zu… trage Schuld oder bin schuldunfähig. Bin verlogen oder genau richtig, wie ich bin. Irgendwas oder irgendwer im Leben war gut, schlecht, wichtig, egal, schlimm, wunderbar, ein Geschenk oder…

Es ist Leben.

Ich werde nicht. Ich bin.

Nicht der Weg ist zusammengebrochen.

Es sind nur die Mauern der Wahrnehmung.

Und das ist wunderbar.

O.k., Karin, für Dich nochmal von vorne…? Ja, bitte, bitte… immer wieder… „Geschmacksrichtung: Vorgelesen bekommen, am Lagerfeuer sitzen, Summenhören, Sonnenwärme, Sternschnuppen, Glühwürmchentanzen. “ Gibt es dafür auch Weihnachtsplätzchenausstechförmchen? Gaaaaanz bestimmt. Komm‘ wir gehen mal gucken…

Drei nach Besuch

In den letzten Wochen habe ich besucht und ich bekam Besuch. Und ich habe dazu einen ganzen, bunten Strauß Auffälligkeiten geschenkt bekommen…


Aufführungen

Wenn ich gefragt werde, wie es mir geht, sage ich meistens „wechselhaft“, was den Tatsachen entspricht, denn was ich schon gelernt habe, ist die Vergänglichkeit von Gefühlen zu bemerken. Was vielleicht fehlt ist die emotionale Distanz dazu. Ich schaffe es oft noch nicht alleine. Ich lasse mich gerne begleiten, wobei mich die Schwere und die Verzweiflung völlig vereinnahmen, mir die Freude und Leichtigkeit, sollte ich sie überhaupt erkennen, hingegen sehr fremd vorkommen. Manchmal – selten, aber beeindruckend – treten die beiden zusammen mit Faszination, Verwunderung und Staunen auf die Bühne. Wenn das so ist, kam es schon vor, dass ich sogar meine engste Vertraute, die Sehnsucht, verließ und mich diesem Schauspiel ungeteilt hingab. Ich konnte mich darin aufgebend, einfach sein. Ein unbeschreiblich schönes Gefühl: Einfach Sein. Oder: Wenigstens mal in der Rolle des Seins sein.

„Schlimm ist nicht das Gefühl, sondern der Widerstand dagegen“ meinte mein Psychologe…

Immer wieder dasselbe, ich weiß… Aber nochmal anders entdeckt, erkannt, beschrieben: Nicht die Distanz könnte also die Lösung sein, sondern die Hingabe. Nicht das Erkennen und „Daseinlassen“ von Leiden, Wut und Angst sondern auch da: Sein. Wenn nur das Leiden, die Wut und die Angst nicht so abstoßend wären, so widerlich schwere Rollen, auch wenn ich sie gut kenne. Mir sind sie so bekannt wie die Leichtigkeit mir fremd ist.

Aber das nur am Rande. Denn gerade bin ich die, die den Blog schreibt. Die Neugierde schaut mir über die Schultern. Und wenn die da ist, ist die Freude nicht weit…


Ich freu‘ mich auf Dich -> Link in neues Browserfenster

Verständnis für die Existenz der Kompliziertheit, die immer mitmischen will, wenn Freude und Leichtigkeit auftauchen 😉


Im Ursprung erklärbar, aber grundlos

Nein, ich sagte nicht das übergeordnete „wechselhaft“, sondern ich sagte „es geht mir nicht gut“.

Es entsprach den Tatsachen des bisherigen Tages und dem Grund, warum ich meinen Raum verlassen und die kurze Reise angetreten hatte.

„Raus aus der Situation“, aufbrechen, unterwegs sein, ankommen, Willkommensein fühlen, wieder gehen dürfen. Freude locken. Freude erhoffen. Als Türöffner für Zuversicht, Leichtigkeit, Spannungsminderung:

Ich hatte das Motorrad genommen, eine kurvenreiche Strecke gewählt. Begleitet von Sonne, blauem Himmel hinter herbstlich gekleideter Landschaft. Verstand, Gefühlsbrei und Körper sind abgelenkt von der Fülle der Sinneseindrücke und den kognitiven Anforderungen. Willkommen bin ich bei meiner Mutter, was hilft, das Gefühl dazu auch zu finden. Sie freut sich. Also findet meine Freude vielleicht auch leichter auf die Bühne.

Ich: „Es geht mir nicht gut…. und ich kann Dir nicht sagen, warum.“

Sie: „Ja, Du hast doch gar keinen Grund…“

 

Es traf mich wie ein Schlag: „Stell‘ Dich nicht so an! Du hast keinen Grund, also lasse es gefälligst: Hör‘ auf zu jammern. Dein Gefühl ist falsch. Du bist nicht richtig. Mit Dir stimmt was nicht! Nimm‘ Dich nicht so wichtig. Du bist nicht wichtig.“ und „Ich kann Dich nicht verstehen. Du bist verrückt und einfach nicht annehmbar, wie Du bist.“ zusammengefasst: „Du bist Schuld.“

Aber das hat SIE nicht gesagt. Es waren meine inneren Kritiker!

Ich verstand, zu überprüfen. Ihre Aussage war mitfühlend, nicht anklagend gemeint. Es war mein Missverständnis, das ich selbst erst jetzt richtig verstehe…

Ich kann ihr nicht sagen, warum es mir hier und heute schlecht geht, weil dann unvermeidlich Schuld im Raum stände als Kennzeichen meines Familienerlebens. Ich kann Schuld noch nicht loslassen, weil ich nicht will, dass sie andere belastet. Ich bin unterwegs, anzuerkennen, dass Schuld, die ich loslasse, gar nicht genommen werden muss… es steht den Menschen frei, was sie nehmen. Ich darf – in fast vollkommener Theorie erfasst – mich unschuldig fühlen. Und: Ich bin existenzfähig OHNE Schuld…

Und einen Grund für mein mieses Erleben im Hier und Heute gibt es tatsächlich nicht, da hätte meine Mutter wirklich völlig recht, selbst wenn sie es so gemeint hätte.

Ursachen im Wurzelwerk unserer menschlichen, geographischen, historischen, familiären und ganz individuellen Geschichten mag es geben. Ich kann Verständnis aufbringen und versuche, zu begreifen. Glaube aber noch, irgendetwas (tun, nehmen, greifen, stehen, lassen) zu müssen, um… zu… ja was auch immer.

Das ist es ja gerade 🙂

Ich freu‘ mich auf Dich

„Ich freu‘ mich auf Dich“

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich den Zusammenhang erspürte zwischen diesen Worten und…

…meinem Gefühl der Schwere, der Unzufriedenheit, des unbändigen, maßregelnden Getriebenseins.

„Warum denn nur?“ wütete der Widerstand.

Wie so oft gab ich dem Getriebensein auf einem Wanderweg Raum. Und ich weiß noch genau die Stelle, an der ich dort zum Stillstand kam. Es war exakt in dem Moment, als ich das Band zwischen „Ich freu‘ mich auf Dich, Karin“ und der bedrückenden Haltlosigkeit erkannte.

Tränen kullerten als Erkennungszeichen einer alten, tiefen Wahrheit.

Diese Erkenntnis möchte ich hier teilen mit Euch, von denen ich die Worte schon so oft gehört habe.

„Ich freu mich auf Dich“


Es kann nicht wirklich wahr sein…

Ich kann es nicht glauben. Das ist schlimm und tut weh. Und es kostet immer einen Umweg im Denken: „Karin, glaube es. Du hast keinen Grund, Aussagen anderer zu entwerten. Wenn sie es sagen, ist es Teil ihrer Wahrheit und somit bist Du Teil der Freude. Und das ist wunderschön. Auch wenn Du es im ersten Schritt nicht glauben kannst.“

„Wenn jemand sich auf Dich freut, musst Du aber…“

Nicht nur mich so benehmen, das das auch so bleibt… zusammenreißen, nach den Bedürfnissen anderer schauen, eigene ausblenden…

Es ist also anstrengend, wenn sich andere auf mich freuen.

Und:

„Du musst Dich jetzt aber auch freuen!!!“

befiehlt es im Hintergrund.

„Ich kann aber nicht.“ wimmert es aus dem All der Tiefe. Und das hat seinen Grund…

In den ersten Jahren meines Lebens wuchsen wir in einem Mehrfamilienhaus auf. Unter uns lebte ein altes Ehepaar. Ich habe sie als abweisend in Erinnerung. Wir durften in der Wohnung nicht rennen. Wir durften nicht laut sein. Auch nicht auf der Wiese hinter dem Haus. Wir mussten leise sein. Wir durften nicht stören. Laut sein in jeder Form störte – nicht nur die Nachbarn, sondern auch den Vater. Er kam von der Arbeit und wollte auf der Couch schlafen. Es störte auch die Mutter. Sie hatte oft Kopfschmerzen. Laut sein macht die Kopfschmerzen schlimmer. Laut sein tut der Mutter weh. Mir wurde das Ausleben von Freude verboten. Freude ist nicht erwünscht. Freude ist falsch. Ich bin falsch, weil ich sowas wie Freude habe.

Ich sehe darin die Wurzel. Noch heute fällt mir das Freudhaben schwer. Und Spaßigsein bedarf einer großen Portion situativen Vertrauens in Ort und Mensch.

(Manchmal, aber heutzutage auch nicht mehr sicher zu erwerben in Form von zu mir genommenen alkoholischen Getränken)

Du musst es schwer haben und leicht nehmen: Anders sein.

Noch im Nebel, nicht in Gänze zu betrachten, aber für mich existent ist der familiäre Einstellungssatz: „Wir fühlen uns grundsätzlich von anderen als schlecht bewertet und müssen – uns (und denen) – ständig beweisen, gut genug zu sein“. Das bringt eine Schwere ins Sein. Aber nicht nur das, sondern auch ein „Du musst es schwer haben und leicht nehmen, also: Anders sein“. Wieder ein Erwerben- und Verdienenmüssen der Freude, die deren schlichte Existenz und somit das gleichzeitige Leichthabendürfen mit Schraubzwingen begreift.

Also:

Das innere Kind fühlt sich grundsätzlich falsch. Es muss „anders sein“. Es darf sich nicht freuen. Es muss sich zusammenreißen. Es muss aufpassen. Es hat Angst vor Zurechtweisung und Strafe.

Die äußeren Kritiker (meine damaligen Eltern) haben Angst, die Wohnung zu verlieren… von den Nachbarn beschuldigt zu werden. Regeln zu verstoßen. Müssen aufpassen, das nichts passiert… sind genervt vom Lärm, den Anforderungen des Alltags, der eigenen Überforderung, der Unfähigkeit, sicher und liebevoll im Umgang mit den damals zwei Kindern zu sein…

Die inneren Kritiker haben schon oft erlebt, das das Kind verletzt war und von den äußeren Kritikern mit Worten und Taten zurechtgewiesen wurde. Es wurde oft angeschrieen. Irgendwas macht es immer falsch und die inneren Kritiker müssen arg aufpassen, das sich das Kind so benimmt, den äußeren Kritikern alles recht zu machen. Sie befürchten, das Kind könnte wegen Fehlverhaltens verstoßen und zurückgelassen werden. Todesurteil für ein Wesen, das nur im Leben sein und sich in seiner Welt entdecken will, sich aber nicht selbst schützen und versorgen kann.

OK. Soweit.

Ich habe gehört, dass sich jemand auf mich freut und das ist wunderschön. Ich lasse diese Freude über das Gehörte zu. Ich als Mensch habe in meiner Kindheit ein Schema entwickelt, das mir Freude an sich suspekt macht und mir zudem das dem Gefühl entsprechende Ausleben von Freude verbietet.

Ich weiß heute, dass ich damals meinen Eltern als Beschützer nicht trauen konnte. Das damalige Misstrauen ist heute nicht mehr angemessen. Ich bin in Sicherheit. Ich darf neue Erfahrungen machen. Habe aber Verständnis für mein inneres Kind. Kann sein, das es immer wieder Rückzug braucht. Ich werde versuchen, auf meine inneren Dialoge zu hören. Pausen einlegen, Wahrnehmung überprüfen und das Gefühl der Freude zumindest wahrnehmen, wenn ich sie vielleicht auch noch nicht „artgerecht“ ausleben kann 😉 . Und wenn Traurigkeit hoch kommt, ist auch diese verständlich, denn sie gehört zur verbotenen Freude aus Kindertagen. Mit der heute erlebten Freude, den dazugehörigen Menschen und der Situation hat sie aber gar nichts zu tun. Alles zusammen ist richtig, wie es ist.

Somit:

Ich packe meine Sachen und fahre morgen zu Dir, die sagt, das sie sich auf mich freut und darauf, mit mir Zeit zu verbringen und zu teilen.

Du freust Dich auf mich.

Ja: Unglaublich! Aber erfahrbar.

Boah ey!!!

Soll heißen: Ich freu‘ mich.

Nicht tobend durch die Räume, laut lachend hüpfend und schreiend. Aber so wie Karin, hier und heute.

Vorsichtig schön.