4:30 Uhr. In der Dusche war natürlich das Fenster nicht geschlossen, die Heizung nicht aufgedreht.
In der Küche lagen überall Krümel, Zuckerreste, die Spüllappen geknäult und auf dem Boden verbrannte Backpapierreste. Geschirr auf, nicht in der Spülmaschine. Warum bloß?
Natürlich war, trotz vorheriger gegenteiliger Beschwichtungen, auf dem Bauhof die Zugangstüre zur Damenumkleide noch nicht offen und ich musste nochmal zurück, um einen Schlüssel zu besorgen.
Mal sagt M. „issschoh guhd soh“ (und ich muss Dreck liegen lassen), mal weist er mich auf ein Blättlein Laubes hin, das ich versäumt habe, zu entfernen.
Mal werde ich aufgefordert, langsam zu machen. Mal macht man mich auf Wasauchimmer (übertriebene Gründlichkeit, Ungeschicklichkeit, Tempo?) aufmerksam mit dem Satz „woischd, wiear müsse au weidah“ (wobei ich die planmäßige Freitags’arbeit‘ sehr wohl schon abschätzen kann… *grrr*)
Sylvesterdreck an Straßenecken. Haben die nicht gelernt, ihren Mist wegzuräumen? Zündschnurkäpplein für Zündschnurkäpplein. Kronkorken, Scherben, Knallerpapier. Raketenhölzer (kann man so schlecht auffegen…).
Gegenwind macht mir die Heimfahrt kraftverzehrend.
Blöd geparkte Fahrräder im Schuppen.
Kaffeeflecken im Treppenhaus. Warum machen die ihren Dreck nicht weg?
Reste vom 10 Uhr Kaffeetrinken. Ich erinnere mich (natürlich nur) daran, wie gemütlich das sein kann (nicht daran, wie oft ich diesen Rahmen verlassen musste, weil… ). Rehabilitanden versitzen in der „Beruflichen“ gesellig ihre Zeit. Abschlussrunde in der Textil- und Holzgruppe. Die ersten schwatzen schon in der Raucherecke. „DIE haben’s gut“
Brieffach: Leer.
Küche: Wie gehabt.
Speiseplan: Schlonziger Großküchenfraß wie üblich.
An der stinkenden Mitrehabilitandin muss ich auch schon wieder vorbei.
Und natürlich kann ich mein Fenster nicht aufmachen, wird doch die „Musik“ auf dem Raucherhof rücksichtslos aufgerissen…
Kurz:
Ich bin so sauer. Wütend. Grolle mit… Gottundderwelt (die genau so ist wie immer).
Und ich will mich nicht drum kümmern. Ich will nichts mit dieser Wut zu tun haben. Die sollen gefälligst anders sein damit ich diese Wut nicht haben muss.
Auf dem Weg zur Waschmaschine passiere ich die Duschen und ich weiß 100%ig, dass „die“ ganz sicher wieder nicht…
… aber nein. „Die“ haben daran gedacht und das Fenster in der Dusche geschlossen, die Heizung auf „5“ gedreht.
Dann wüte ich eben über meinen Pessimismus, über meinen kleinherzigen Groll, mein kleinfurziges Allesbesserwissertum. Über diese Enge im Erleben, diese Verschlossenheit, diese Unliebe, diese Entwertungen,… Zähneknirschend. Ja, um Zahnarzt, Bewerbungen, Bankenzugänge, Terminplanungen, etc. müsste ich mich ja auch noch kümmern.
Wäre ich nicht so grollig.
Oder einfach: Erschöpft. Ruhe- oder – schlimmer noch: – zuwendungsbedürftig…? Bedürftig nach dem Gefühl in Sicherheit, geborgen, richtig zu sein…
Und: Um was man sich, wenn man sich selbst so schön verärgern kann, noch nicht alles nicht kümmern muss – oder glaubt, nicht kümmern zu können…
Danke, Ihr Arschengel.
Also kümmer Dich. Fang‘ an. Erstmal knurren. Heulen oder Jammern. Weiteratmen. Und dann. Kümmer Dich. Eine Kleinigkeit erledigen. Etwas der Welt geben statt von ihr verlangen, fordern, vermissen.
Womit fange ich an? Na klar…
Schlonzfraß.
Mittagsschlaf?
Einer von „denen“ wird mich schon stören 🙂
Gefälligst.
18:06 Uhr:
Das Essen schmeckte natürlich ‚irgendwie’und war gar nicht so schlecht. Nein, keine Mittagsschlaf. Arbeitsklamotten waschen.
Das Gemeinschaftsputzen überlebte ich knapp. Und meine Mitmenschen mich auch.
Irgendetwas brachte ein paar meiner Tränen zum Laufen, während wir telefonierten. Danach ging es meiner Wut auch schon ein bisschen besser.
Ich ging in den Fahrradschuppen, machte Ordnung, befreite ihn vom Laub und meine Fahrradkette von schabgeräuschenverusachendem Schmutz. Ich weiß, wie sehr ich mich darüber freuen kann, wenn sie geschmiert läuft. Und darüber, Platz zu haben, wenn ich in den Schuppen komme. Und dann stelle ich mir einfach noch vor, Hr. S., der Hausmeister, den ich sehr mag, freut sich über meine dortige freiwillige und hoffentlich auch für ihn willkommene Betätigung.
Ich verschaffte mir also ein bisschen Wohlgefühl.
Und beim Kaffeetrinken saßen zu meiner Freude schon A. und J. da. Die zwei Mitrehabilitanden, bei denen ich mich momentan am sichersten fühlen kann.
A. ließ sich von mir auch noch mit Häkelzeug und einer groben Anleitung helfen.
Ich bin dankbar.
Gleich ist auch noch die Selbsthilfegruppe. Ich kann es für möglich halten, willkommen zu sein. Sie hat mich zumindest nicht ausgeladen…
Ich freue mich auf sie, ihren Raum, die anderen Willkommenen, den sicheren Rahmen der Regeln.
Und ich freue mich auf das leise, aber satt klickernde Geräusch der Fahrradkette –
mir gefälligst