Dasselbe

Ich habe das Gefühl, mich entschuldigen zu müssen bei Euch, meiner keinen Handvoll treuen Lesern.

Oder ist es bei mir selbst?

Was brauchst Du, Gefühl der Scham?

Welches Bedürfnis habe ich?

Charlotte braucht Sicherheit. Sie lässt mit Mitgefühl von mir ab. Aber ohne die beiden fühle ich mich alleine… schaue auf das Geschehen, dränge mich dazwischen, habe Angst, verlassen zu werden – von beiden.

Was bleibt, wenn beide mit sich beschäftigt sind?

Leere und das Gefühl des Kleinalleineübrigseins. Die Weite des übrigen Raumes zwar, aber das Zögern durch Angst, alleine zu sein.

Ich schreibe diesen Blog für mich. Das ist wahr und auch nicht, sonst schriebe ich Tagebuch und keinen Blog.

Ich schreibe diesen Blog. Punkt.

 

Es stimmt, dass ich seit Jahren dasselbe schreibe.

Und es stimmt nicht.

Was stimmt für Dich?

Charlotte, Du machst Dir Sorgen. Hier und heute gibt es keinen Grund für uns zur Beunruhigung. Wir sind in Sicherheit. Wieder und wieder. Jetzt. Das, was ich schreibe, ist mir wichtig. Ja, es mag sich wiederholen. Ich bin noch nicht weiter oder es fühlt sich oft nicht so an für uns. Du magst mich beschützen wollen. Nun aber entscheide ich, dass ich das Geschriebene den Menschen zumuten kann, die diesen Zugang mit mir teilen wollen. Ein paar Treue kommen gelegentlich vorbei. Aber auch wenn jemand fehlt oder schweigt, bleiben wir in guter Erinnerung verbunden. Ja, es ist traurig und es macht Angst, wenn jemand geht oder nicht (mehr) mitliest. Es verunsichert Schlimm. Und wir lassen sie trotzdem in Liebe und Vertrauen „frei“, denn da gehören sie hin! Und wir schreiben weiter. Blind, aber mutig einen Schritt ins Vertrauen setzend.

Momentannahme

Der Moment:

Gedanken:

Ich schaffe es nicht, ich habe nicht genug, ich kann einfach nicht. Es ist mir zu viel und ich habe zu wenig…

…und dazu gesellen sich die Gedanken der erniedrigenden Selbstverurteilung.

Körper:

Ich kreise auf kleinem Raum. Bin unruhig, getrieben, planlos. Sehe eng, vor und unter mich.

Gefühl:

Ich fühle mich klein. Zittrig. Auf der Hut. Gehetzt und komme doch nicht vom Fleck. Es fühlt sich nicht gut an.

Urteil:

Ich will „das“ nicht haben. Das muss weg. Das soll weg. Ich muss es wegschaffen. Ich muss es schaffen.

Ich muss es schaffen → siehe oben „Gedanken“ ⇒ Gedankenkreisen…

Folge:

Selbstverstärkung des Befindens.


Annahme des Momentes:

Was kann ich für Dich tun, Gefühl?

Du fühlst Dich nicht gut an.

Was fühlt sich jetzt – für Dich – so an, dass es gut sein könnte? Dir fehlt etwas. Was brauchst Du?

Was brauchst Du, was die Unruhe, was braucht der enge Blick, was brauchen die Gedanken, die glauben, „es“ nicht zu schaffen?


Auflösung des Beispielmoments:

Raus! War die Antwort meines Gefühls, der ich folgen konnte.

Ich ging raus, testete die erstmalig von mir selbst eingebauten Hinterradbremsbacken auf dem Weg zur Beschaffung einer neuen Frontglühbirne. Genoss den Rückenwind und stellte mich in die Sonne. Nahm den Anruf an, der mich erreichte. Spürte die Freude und die Dankbarkeit. Übte humorige Milde und Mitgefühl mit den Famileneinkäufen, die ich tätigte. Kam rechtzeitig zum Kaffeetrinken: Heißer Kaffee mit von Hand gebackener, weihnachtsgewürziger Linzer Torte, Menschen, in deren Nähe ich mich entspannen kann. Vergab mir.

Vergab mir? Ja. Genau so wie es für den Moment eben war. Mehr ging nicht und deshalb gab ich dem Maß das Recht, genug zu sein.


Erfolgreiche Therapie besteht für mich darin, mir selbst vertrauen zu lernen, dass auch das Unbegreifliche, das Befürchtete, das Unannehmbare – das auch das zu bewältigen ist, das im Zustand der unsichtbare Vorahnung zum Erstarren führt.

Dass ich es wieder und wieder schaffe, es zu durchleben, auch wenn es sich immer wieder neu glaubhaft überwältigend unerträglich anfühlt.

Ich muss nichts dagegen machen. Dagegen kann ich wirklich nichts machen, denn es ist ja schon da. So gesehen stimmt das Gefühl, machtlos und zu klein zu sein und auch Opfer von der Überwältigung von Gefühlen bleiben zu müssen. Mein vegetatives, nicht zu beeinflussendes Nervensystem signalisiert „Gefahr“, auch wenn keine besteht, und „Schlimm“ folgt ihm, statt mir.

Ich habe also das Gefühl, einer Gefahr machtlos erlegen zu sein.

Aber es ist nur ein Gefühl.

Es ist nicht wahr, auch wenn es wahrwirklich da und für mich wahrnehmbar ist, muss es nicht handlungsleitend wirksam sein.

Statt nach Beweisen und Gründen für diese Gefahr zu suchen, oder mit Wegen, etwas gegen das Gefühl der Bedrohung zu tun, darf ich mich damit beschäftigen lernen, trotz und mit diesem Gefühl etwas tun zu können. Etwas für meine Angst, Traurigkeit, Sehnsucht oder Wut zu tun, heißt eine neue Position zu finden, ohne mich von ihr trennen zu müssen. Von ihr trennen müssen, heißt einerseits Gründe für ihre Existenz im Außen zu finden, Schuld zuzuschieben oder Verantwortung abgeben zu wollen („Ich kann mich nicht um Dich kümmern, du bist mir zu groß“). Andererseits kann ich mich auch trennen, indem ich sie verdränge, zudröhne oder mich bzw. sie entwerte.

Das Gefühl ist, wie es ist. Die Bewertung des Gehirn ist, wie sie ist – es spielt sein Programm ab.

Und ich darf lernen, die Bewertung der Bewertung zu lassen oder zu verändern. Es gibt ihn, den Weg, der mich dabei bleiben lässt in der Verbindung von Zustand A zu Zustand B. Und es geht nicht um das Resultat, es geht um die Einladung des schmerzenden Gefühlskörpers, zu entspannen. Herauszufinden, was er dazu braucht. Und den ausdauernden Mut, die damit verbundenen Aktivitäten, Gesten, Berührungen oder gelenkten Gedanken in die Tat umzusetzen. Moment für Moment der Freundlichkeit und Milde Raum geben.

Amen 🙂