Der Moment:
Gedanken:
Ich schaffe es nicht, ich habe nicht genug, ich kann einfach nicht. Es ist mir zu viel und ich habe zu wenig…
…und dazu gesellen sich die Gedanken der erniedrigenden Selbstverurteilung.
Körper:
Ich kreise auf kleinem Raum. Bin unruhig, getrieben, planlos. Sehe eng, vor und unter mich.
Gefühl:
Ich fühle mich klein. Zittrig. Auf der Hut. Gehetzt und komme doch nicht vom Fleck. Es fühlt sich nicht gut an.
Urteil:
Ich will „das“ nicht haben. Das muss weg. Das soll weg. Ich muss es wegschaffen. Ich muss es schaffen.
Ich muss es schaffen → siehe oben „Gedanken“ ⇒ Gedankenkreisen…
Folge:
Selbstverstärkung des Befindens.
Annahme des Momentes:
Was kann ich für Dich tun, Gefühl?
Du fühlst Dich nicht gut an.
Was fühlt sich jetzt – für Dich – so an, dass es gut sein könnte? Dir fehlt etwas. Was brauchst Du?
Was brauchst Du, was die Unruhe, was braucht der enge Blick, was brauchen die Gedanken, die glauben, „es“ nicht zu schaffen?
Auflösung des Beispielmoments:
Raus! War die Antwort meines Gefühls, der ich folgen konnte.
Ich ging raus, testete die erstmalig von mir selbst eingebauten Hinterradbremsbacken auf dem Weg zur Beschaffung einer neuen Frontglühbirne. Genoss den Rückenwind und stellte mich in die Sonne. Nahm den Anruf an, der mich erreichte. Spürte die Freude und die Dankbarkeit. Übte humorige Milde und Mitgefühl mit den Famileneinkäufen, die ich tätigte. Kam rechtzeitig zum Kaffeetrinken: Heißer Kaffee mit von Hand gebackener, weihnachtsgewürziger Linzer Torte, Menschen, in deren Nähe ich mich entspannen kann. Vergab mir.
Vergab mir? Ja. Genau so wie es für den Moment eben war. Mehr ging nicht und deshalb gab ich dem Maß das Recht, genug zu sein.
Erfolgreiche Therapie besteht für mich darin, mir selbst vertrauen zu lernen, dass auch das Unbegreifliche, das Befürchtete, das Unannehmbare – das auch das zu bewältigen ist, das im Zustand der unsichtbare Vorahnung zum Erstarren führt.
Dass ich es wieder und wieder schaffe, es zu durchleben, auch wenn es sich immer wieder neu glaubhaft überwältigend unerträglich anfühlt.
Ich muss nichts dagegen machen. Dagegen kann ich wirklich nichts machen, denn es ist ja schon da. So gesehen stimmt das Gefühl, machtlos und zu klein zu sein und auch Opfer von der Überwältigung von Gefühlen bleiben zu müssen. Mein vegetatives, nicht zu beeinflussendes Nervensystem signalisiert „Gefahr“, auch wenn keine besteht, und „Schlimm“ folgt ihm, statt mir.
Ich habe also das Gefühl, einer Gefahr machtlos erlegen zu sein.
Aber es ist nur ein Gefühl.
Es ist nicht wahr, auch wenn es wahrwirklich da und für mich wahrnehmbar ist, muss es nicht handlungsleitend wirksam sein.
Statt nach Beweisen und Gründen für diese Gefahr zu suchen, oder mit Wegen, etwas gegen das Gefühl der Bedrohung zu tun, darf ich mich damit beschäftigen lernen, trotz und mit diesem Gefühl etwas tun zu können. Etwas für meine Angst, Traurigkeit, Sehnsucht oder Wut zu tun, heißt eine neue Position zu finden, ohne mich von ihr trennen zu müssen. Von ihr trennen müssen, heißt einerseits Gründe für ihre Existenz im Außen zu finden, Schuld zuzuschieben oder Verantwortung abgeben zu wollen („Ich kann mich nicht um Dich kümmern, du bist mir zu groß“). Andererseits kann ich mich auch trennen, indem ich sie verdränge, zudröhne oder mich bzw. sie entwerte.
Das Gefühl ist, wie es ist. Die Bewertung des Gehirn ist, wie sie ist – es spielt sein Programm ab.
Und ich darf lernen, die Bewertung der Bewertung zu lassen oder zu verändern. Es gibt ihn, den Weg, der mich dabei bleiben lässt in der Verbindung von Zustand A zu Zustand B. Und es geht nicht um das Resultat, es geht um die Einladung des schmerzenden Gefühlskörpers, zu entspannen. Herauszufinden, was er dazu braucht. Und den ausdauernden Mut, die damit verbundenen Aktivitäten, Gesten, Berührungen oder gelenkten Gedanken in die Tat umzusetzen. Moment für Moment der Freundlichkeit und Milde Raum geben.
Amen 🙂