Was kann ich Dir sagen? Vieles ist einfach nicht zu verstehen – und kompliziert auch nicht. Es ist nicht zu verstehen.
Es wird sich klären. Ich bleibe bei Dir. Auch wenn Du mich nicht siehst und fühlen kannst.
Manchmal gibt es keine Resonanz.
Dann bewege Dich. Die Welt wird Dich Dich spüren lassen. Sie wird Dir Dein Dich wieder präsentieren. Sie wird Dir sich zeigen. Sie wird sich Dir auftun.
Wie kann ich mich trösten? Mit dieser speziellen Art inneren Drucks umgehen? Wenn ich mich nicht zur Bewegung entscheiden kann, oft zwischen zwei Terminen oder bei einem Erleben, das sich eigentlich so anstrengend anfühlt, so auslaugend – wobei ich mir dieses bzw. die darunterliegenden Bedürfnisse aber nicht zugestehen kann?
Ich gehe in die Cafeteria des benachbarten Krankenhauses.
Ich nehme mir ein Tablett, ziehe mir einen Cappuccino und nehme mir währenddessen eine Untertasse, ein Tütchen Zucker und Kekse.
Zwei Kekse.
Anfangs frug ich noch. Die Antworten bei den verschiedenen Mitarbeitern gaben meinem Tun Erlaubnis.
Dennnoch fühlt es sich nicht gehörig an. Nicht allgemeingültig.
Einer wäre erlaubt, aber zu wenig. Drei zu viel.
Trost mit Essen? Zudem die ungehörige, unnötige Plastikmüllfabrikation? Und diese sinnlose Geldausgeberei? In diesem lärmgefüllten, schepperreichen Raum und all diesen, mit ‚Krankenhaus‘ berührten Menschen?
Ich nehme mir sie, die Kekse, und es mir raus: Ungehörigsein, dass sich richtig für mich anfühlt, in diesem krummen Moment. Mutig. Kämpferisch. Trotzig. Ich fühle mich falsch? Dann tue ich es auch!
So kann ich „es“ für dieses kleine Stück annehmen. So kann ich etwas für mich tun.
So ist es richtig – im Falschseingefühl.
Richtigseingefühl.
Das ich mir in meine Welt zu sein kreiiere.
Genau dieser Schritt ins Verbot ist der einzige, mit dem ich mir Trost geben kann: Mir etwas geben, das ich mit dem Gefühl verbinde, es stünde mir nicht zu.
Trost ist mir nicht annehmbar, weil die vorangegangenen Gefühle (Wut, Überforderung, Verzweiflung, Traurigsein, Angst) nicht erlaubt waren, hätten von mir unterdrückt werden müssen. So fühle ich mich bei Trostbedarf schuldig.
Schuld und Falschseingefühl gehören also zum Trost? Sind dessen Begleiter?
Das Gefühl des Getröstetseins stand mir nicht zu. Ich musste es mir erschummeln. Nur dann ist Trost mir und meinem Bewerten und Erleben in annehmbarer Dosierung verdaulich, nur dann kommt Getröstetsein irgendwie an.
Wenn in meinem System Trost mit Falschsein verknüpft ist – wie soll ich mich da vom Falschseingefühl lösen können?
Mein Nervensystem glaubt neben all seinen Wahrheiten, die zum Lebenserhalt nötig schienen (ich sei hineinbetrogener Schmarotzer im Theater des Lebens, voller Angst entlarvt, der herablassenden Lächerlichkeit preis gegeben und hinausgeworfen zu werden), dass Trost falsch sein muss. Sich falsch anschmecken muss, um annehmbar, verdaulich sein zu können. Es ist infolgedessen kein Wunder, dass es sich vom „Krummsein“, den Grübeleien, dem Alleskompliziertmachen, dem Agieren mit Essen und schlimmer noch… nicht trennen will.
Und doch hat es mich bis hier her gebracht – hier her mit all Euch Menschen, die ich so gerne habe. Die mich wundern lassen, staunen, Unfassbarkeit begreifen lernen in Eurem immerwährenden dableibenden Beistand.
Es, dieses Bewertungssystem meines Nervensystems, stammt aus einer alten, längst vergangenen Zeit. All diese, seine Wahrheiten und Automatismen sind die Echos meines Erlebens in der Kindheit, meine mir damals verknüpften Wahrheiten, Erkenntnisse, Lerninhalte, Haltegeländer meines Lebensweges. Zu oft noch glaube ich, mich daran halten zu müssen. Zu oft noch tue ich es „einfach“, lasse esmich geschehen, mache / kreiiere ich es mir einfach, lasse ich es geschehen: Das Richtigsein im Falschseingefühl.
Wie wäre es, mich auf die andere Seite schummeln zu können? Und dort heimlich zu stibitzen, naschen? Dortbleiben, dableiben, vertrauen üben?
Die Seite, auf der sich das Nichtrichtigsein falsch anfühlt?
Die im Hier und Jetzt?
Die, auf der sich – mal aus der Theorie gegriffen – das Sein richtig anfühlen könnte? Das Leben einfach?
Unkompliziert geht es nicht. Und trotz „bei dem einfach“ wäre ein schönes Ziel 🙂
(und verdauungsförderlicherweise nicht ganz unfrei von „krumm“ 😉 )
Etwas Neues in meinem Leben sind die Selbsthilfegruppen, die ich hier ein bis zwei mal wöchentlich besuche, also wann immer ich die Termine wahrnehmen kann.
Die Regel lautet: Man redet nur von sich und davon, was jetzt im Moment gerade ist – was gefühlt, empfunden, gedacht ist. Keine Geschichten / Erlebnisse / Ursachenforschung, weder im Jetzt als auch nicht in der Vergangenheit, kein Suchen, Streben und Planen in der Zukunft. Kein „weil, wegen, deshalb“ oder „und dann ist auch noch das passiert, hat xy jenes gesagt…“ etc. Einfach ehrliches Mitteilen. Äußerungen möglichst ohne emotionaler „Ladung“. Die anderen hören mit der ganzen, größtmöglichen, liebevollen, wohlwollenden Aufmerksamkeit schweigend zu.
Wir wechseln nach 10 Minuten. Jeder, der möchte, kommt dran.
Mehr nicht.
Sie rotzte ihre Wut hinaus, schmiss sie uns hin, kläffte sie uns in den Raum. Sagte sogar, dass sie wolle, dass andere wütend auf sie sind und dass sie nur darauf warte, jetzt gleich hinausgeworfen zu werden.
Und ich zog mir sie an, diese Wut, ließ sie zu meiner werden, konnte mich weder zur Wehr setzen, noch mich gänzlich abschirmen. Meine Grenzposten waren überfordert.
Mein Verstand suchte: „Sie hat kein Recht, sie bricht doch die Regeln… – oder?“ Keiner griff ein. Also doch?
Sie nutzte den Raum, den man ihr bot. Sie nahm sich das Recht, sich zu probieren, Grenzen zu testen, daran zu rütteln. Und sie tat es. Sicher war das nicht „einfach“ für sie!!!
Ich achte sie in ihrer Wut: Sie ist sehr mutig.
Ich trage keine Schuld an dieser Wut. Ich müsste sie mir suchen und mich ihrer bei anderen versichern. Und doch habe ich sie so deutlich gespürt: Wut.
MEINE Wut – durch sie gelöst.
Frisch gebackene, sich entladende Wut in altem Gewand…
Nur stellvertretend an sie gerichtet.
„Wie kannst Du nur? Hör doch auf damit! Du hast nicht mehr Recht, nur weil Du aggressiv rumrotzt. Ich weiß mit Deiner Wut nichts anzufangen, bin nicht zuständig, verdammt noch mal. Ich will einfach meine Ruhe und Du lässt sie mir nicht. Was nimmst Du Dir raus?“
und, auch (des Bedauerns nötig bedürftig):
„Gib gefälligst das, was ich gerne hätte, mir vorstelle,.. brauche, will.“
Und die Regeln halfen mir, meinen „inneren Araber“ zu zügeln. Ich schwieg, suchte Sicherheit in meinen Respekt und meinem Wohlwollen. Erahnte – erdenkend – hinter der zornigen Wut die Not einer jahrzehntelang aufgestauten Verzweiflung. Suchte meine artgegebene Fähigkeit zum mitleidslosen Mitgefühl zu aktivieren. Stellte mir vor, wie sich das anfühlen könnte, jetzt mitfühlend sein zu können. Mitgefühl wirkt beidseitig…
Spürte die Ruhe der anderen Körper im Raum: Es war kein Grund zu Flucht oder Angriff – es ist möglich, ganz ruhig – einfach bei diesem (subjektive Bewertungen…) rotzenden, kläffenden, wütenden Wesen zu bleiben!
Und ich vertraute auch auf die Regeln der Zeit: 10 Minuten vergehen. Wie jede 10 Minuten.
Diese Gestalt war praktisch, sozusagen gleichzeitig Auslöser und Reflektor: Ich erlebte und durchlebte mit der ihren auch meine eigene Wut. Kein Angriff, weder auf mich selbst, noch auf andere – und keine Täterflucht in keine Richtung – weder in Hass, Erniedrigung oder Schuldzuweisungen. Weder auf mich, noch auf sie – und auch nicht aus dem Raum / in die Trennung / das wohlbekannte Gefühl des Getrenntseins oder des Selbsthasses.