Verführung aus…

Ich kenne nun also das Gefühl der emotionalen Besoffenheit:

Es ist der Kontakt zu dem Gefühl, der Hauch Ahnung des „Womöglichwahrseins einer tatsächlich möglichen Erlösung“. Es ist ein kleiner Moment des unbeschreiblichen „Ah’s“. Tränen kommen mir in die Augen, wenn ich mir beim Versuch, hier und jetzt, Worte dafür zu finden, das Gefühl versuche vorzustellen.

Damals, in der Schule, stellte ich mir manchmal in meiner Verrücktheit vor, dass ich, würde ich die Schule verlassen, dort auf dem Parkplatz sein Auto sehen. Er wäre aus Norddeutschland gekommen, um mich abzuholen, weil ich ihm ebenso wenig aus dem Sinn gegangen wäre, wie er mir…

Dieses Gefühl meine ich: Völlig verrückt! Also ich befinde mich dann wirklich in der Emotion eines Kindes, das in dem Moment der Erkenntnis ist, dass es wirklich wahr werden könnte, dass… die, seine, gute Fee tatsächlich existiert. Das es ein sich sicher fühlender Teil einer, sich selbst vertrauenden, liebend leichten Herkunftssippe sei, das sein vom Taschengeld gekauftes Los beim großen Preis genannt worden wäre, das meine Eltern mir heimlich ein Pferd gekauft hätten… kurz: Ich rühre mir aus Fetzen meiner Wahrnehmungen einen emotionalen Zaubertrank, damit ich an etwas glauben kann, das nach Faktenlage einfach nicht stimmt, nicht stimmen kann.

Aber es erlaubte mir schon damals einen emotionalen Fluchtweg: Eine gleichzeitige Ablösung vom Gedankenzement des Alltags und Erlösung aus dem Gefühl des alleingelassenen Kleinkindes, das aus einem Rätsel von ‚zu Hause‘, in dem es sich nicht so fühlt, vor einer Welt steht, in die es gehen soll, in der für es nichts ergreifbar ist, aber gleichzeitig schon längst hätte ergriffen werden sollen: Alles scheint zu groß, nicht erlaubt, nicht richtig oder nicht wahr.

Dann ohne stoffliche Hilfsmittel in die emotionale Besoffenheit fliehen zu können, ist doch ein echt kreativer Weg in eine Form der Rettung aus Unerträglichem, Unerklärlichem.

Für eine gewisse Zeit…

Denn diesen Irrsinn gibt es auch anders.

In die andere Richtung geht es noch tiefer, die Angst ist nicht zu beschreiben. Wie „der Schrei“ ohne Hinter- und Vordergrund, ohne Boden und Halt.

Ich bin nicht alleine. Es gibt Menschen, die wissen, von was ich schreibe.

Manchmal reißt ein einziger Gedanke den Boden weg oder ein unablässiger Gedankenstrom der Entwertung wäscht eine Diele nach der anderen aus dem löchrigen Mikado des Vertrauens.

Es fühlt sich so wahr an. Diese Selbsturteile sind für mich so stimmig und wahr, so passend, dass, sehe ich über den schneidend schroffen Spott, die alles ergreifende Kraft des endlich richtigen Entschlusses, die Faszination über die Klarheit dieser Erkenntnisse hinweg, mir Tränen in die Augen kommen.

Tränen? Hatte ich in diesem Blogbeitrag schon mal. Und genau da will ich hin:

Diese beiden Zustände als emotionale Besoffenheit begreifen zu lernen.

Als ein Verführtsein in die Welt von Märchen.

„Das ist doch schlimm! Du bist furchtbar. Schrecklich. Da musst Du was gegen machen. So kannst Du doch nicht… alles nur Getue… willst ja nur abhauen, fliehen, Dich klein machen, rumwimmern, willst nur keine Verantwortung übernehmen… nimm‘ endlich Dein Leben in die Hand, Du unerträglich feige, rumeiernde, um Beachtung buhlende…“

Ja, das kann schlimm sein. Und sich schlimm anfühlen.

Und ich bin Karin, die sich gerne verführen lässt. Von den Märchen ihrer Erlebenswelt, von Vorgelesenbekommen, von Butterplätzchen in Elchform.

Die sich, aus welchen Gründen auch immer, welche es situativ im Hier und Heute sicher öfter mal mit spielerischen Forschergeist, Mitgefühl und Humor zu überdenken lohnt, so gerne und leicht verführen lässt, dass sie auch diese entsetzlichen Verurteilungen dafür in Kauf nimmt.

Ich, Karin, lasse mich gerne verführen. Und das darf so sein.

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