Haftnotiz 20%

11.10.2018 8:42 Uhr

Jetzt. Sozusagen. Ist schon wieder vorbei.

Sind sie sich ähnlich? Das Jetzt, das es nicht mehr ist, und das Jetzt jetzt?

Egal.

Das Therapieprogramm DBT beinhaltet das Führen einer Spannungskurve. Gerade bin ich bei ca. 20% würde ich sagen. Das ist ein Entspannungsgrad, den ich sehr selten empfinde. Es ist ein Moment, in dem ich mich weitgehend in Ruhe lassen kann. Ein Moment, der so selten ist, das das Feststellen seiner Existenz schon zum Ansteigen der Spannungskurve, also zu seiner Vernichtung, führt.

Auch der Genuss eines Cappuccinos entsteht im Vergehen.

Wohl möglich aber bleibt eine Erinnerung. Gerade schreibe ich eine Haftnotiz für’s Hirn.

Ich sitze im Bett. Ich kann den Himmel sehen. Wolkenlos blau zeigt er sich mit Weite und Aussicht auf einen Schönwettertag.

Der Lärm der Baustelle nebenan erlaubt mir noch offene Fenster. Aber die Einfachverglasung in uralten, schön schmalen Holzfenstern kann ihm ja auch geschlossen nicht viel entgegenhalten.

Die Bedeutung dessen, was sich zugerufen wird, verstehe ich nicht. Sie gehen ihrer Arbeit nach.

Lohn gegen Arbeit. Das ist der Deal mit dem Chef. Was will er haben? Wirklich? In welches Nest setze ich mich – mehr oder weniger bewusst? Was will ich geben? Was will ich von ihm? Was soll er mir geben? Außer Geld?

Aber das ist ein anderes Thema. An das ich mich noch nicht mal vorsichtig ran tasten will. Nicht wirklich.

Ich habe heute Nachmittag Termine. Und sollte mich doch jetzt bewegen, statt gemütlich unter der warmen Federdecke zu sitzen bei Tee und Gelassenheit.

Worauf habe ich wirklich Lust? Kann ich mich lustig machen? Geht Lust ohne Unlust? Kann ich mir erlauben, jetzt Lust zu spüren und dieser, meiner Lust nachzugehen?

Nein, ich habe keine Lust auf inneres Genörgel. („Du willst nur fliehen vor uns Nörglern, Du solltest doch eigentlich… dies das besser sicher tun machen“)

Aber ich habe Lust auf’s Momente sammeln, halten und staunend betrachten.

Mal sehen, wo ich noch einen Moment des Nörglers finde – mitten im Einfachsein.

Macht er sich da etwa gerade verlustig? Ohne mich?

Ich geh‘ mal gucken. Vielleicht können wir was zusammen erleben?

Ich ihn und er mich da sein lassen. Also

Ganz und einfach sein = Ganzeinfachsein.