Helfer

Verrückt. Morgens warf ich noch schnell einen Blick in den Wanderführer, ohne den ich vielleicht an der kleinen Abtei St. Lucia vorbei gelaufen wäre, war ich doch in ein Interview von Siju aus Japan vertieft, die in Lion Französisch studiert und auch auf den Camino unterwegs ist. Aber ich hatte von einem interessanten Projekt eines Ehepaars gelesen, die diese verlassene Kirche wieder mit Leben füllen zu wollen und kehrte deshalb ein.

Aufmerksam wurde der aus Südafrika stammende Neill auf das kleine Kirchlein im Alter von 52 Jahren auf seinem eigenen Pilgerweg. Seine Frau Kathrin ist Engländerin, ihre Tochter Evelyn ist ca. 1 Jahr alt. Seit fünf Jahren ist das Gebäude nun in ihrem Besitz, welches durch den angrenzenden Straßenbau wassergeschädigt und auf lange Sicht einsturzgefährdet ist. Neill hat sich die Rettung zur Aufgabe gemacht. Es gibt Strom von Generator und fließendes Wasser aus der Quelle. Kanalisation bzw. Toilettenspülung? Fehlanzeige. In das kleine Bad trägt man das Spül- oder Badewasser in Eimern nach oben. Die kleine Familie lebt, vor allem im Winter, im ca. 18 km entfernten Pamplona.

Über die Geschichte der Kirche versuche ich später noch etwas von dem zusammenzuschreiben, was ich so aufgeschnappt habe.

Neill und Cornelia aus Deutschland, die seit 3 Wochen hier aushilft, erzählten uns vorbeikommenden Wanderern unentwegt von dem Projekt. Auch davon, dass jede Hilfe gebraucht werde. Irgendwann machte ich mich wieder auf den Weg, auf dem Siju schon eine Weile verschwunden war, aber meine Gedanken blieben dort. Alle möglichen Zweifel beiseite legend drehte ich um. Es fühlte sich richtig an.

Wortschatzerweiterung „wheelbarrow“, in diesem Fall gefüllt, auf dem Weg zum Lagerplatz am Ende des Grundstücks

Inzwischen waren fünf weitere Helfer am Werk. Wir begannen, mit Hacke und Pickel die Grasnarbe neben dem Gebäude zu entfernen mit dem Plan, irgendwann den ursprünglichen Camino freizulegen. Matthew aus Frankreich half einige Stunden und zog es dann weiter. Rose und Rawen, sowie Dorothea und Tanja stammen aus Colorado bzw. Texas und ihnen erging es gestern so, wie mir heute. Sie alle wurden vom Film „The Way“ inspiriert, auf den Camino zu gehen. Interessant ist es, wer da mit wem zusammengeht: Bei Rawen (19) und Rose (69) handelt es sich um Enkelin und Oma, bei Tanja (60) und Dorothea um Mutter und Tochter, wobei die Tochter selbst schon Großmutter ist. Dorothea ist 93 Jahre alt.

Cornelia, Rawen, Tonja, Rose, Dorothea und ich

Cornelia unterbrach letztes Jahr ihren Camino, um hier spontan eine Woche zu helfen. Nun ist sie schon seit drei Wochen hier und berichtet in einer liebevoll begeisterten und begeisternden Weise von dem Projekt. Ihre Sprachkenntnisse sind dabei besonders hilfreich: Sie stammt aus Deutschland, lebt in Engand und spricht neben fließenden Englisch auch noch holländisch. Und eine schöne Frau ist sie zudem auch noch, was sie aber gar nicht hören mag.

Am Abend eines schön anstrengenden Tages empfahl mir Neill ein Bad im Fluss: Wie Recht er hatte!

Links auf der kleinen Straße oberhalb verläuft der Camino

Ich bleibe mindestens noch einen Tag. Dorothea und  Tanja kommen auch wieder und zwei weitere spontane Helferinnen zelten auch schon hier.

Ein Gedanke zu „Helfer“

  1. So geht es, wenn man beim Lesen hinten anfängt. Weiß jetzt, wer Neill ist. – Ich glaube, diese Art den Camino zu gehen, ist ganz besonders. Es kommt ja eigentlich nicht auf die gelaufenen Kilometer an, sondern den inneren Weg, der garnicht messbar ist. – Meine Achtung an die soooo alte Dame. – Und was für eine wunderbare Gruppe.

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