Mittwoch, der 3. Mai. 11:30 Uhr.
Ich habe mein Zimmer verlassen und alles gepackt. Der Rucksack ist schwer, für sechs Tage gefüllt.
Tine, Susi und Roland bleiben noch einen weiteren Tag.
Ich verlasse: Sie, mit denen ich gestern beim Biertrinken so viel Spaß hatte und mit denen ich die letzten Tage gewandert bin. Und ich verlasse die gute, stabile Internetverbindung.
Das klingt vielleicht nach einem emotionalen Ungleichgewicht, aber beides stimmt mich traurig. Denn die Möglichkeit, z. B. durch meine Beiträge, Emails oder das ein oder andere Telefonat, Kontakt mit meinen Lieblingsmenschen zu halten, ist mir sehr wichtig.
Es gibt viele dieser Momente, in denen mir es nicht so leicht fällt, mich und die Konsequenzen meines Planens, Denkens und Handelns anzunehmen. Z.B. gestern, als ich feststellen musste, dass ich statt des Zeltes mit dem Namen „Hubba“ ein „Hubba Hubba“ und somit ein zu schweres Zweipersonenzelt, bestellt und geliefert bekommen habe. Ich kann es manchmal immer noch nicht fassen, was ich für einen Quatsch baue – dabei kenne ich mich doch schon soooo lange!
Aber dann sind wieder die wunderbaren Gänsehautmomente, die dagegen halten: Die Menschen. Diese schlichte, entspannte Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Die Bereitschaft, zuzuhören und langsam zu sprechen, um Kommunikation auch mit mir zu ermöglichen. Ich bekomme Anerkennung und Zuspruch von wildfremden Menschen in einer Art und Intensität, die ich mir selbst nicht zugestehen kann. So habe ich schon das Wort „goosebomb“ in meinen Wortschatz aufgenommen, die ich so oft im Kontakt mit den Menschen hier bekomme. Und Tränen in die Augen, die bekomme ich auch.
Mittlerweile bin ich wieder am mindestens 20km entfernten Trail angekommen. Gefahren hat mich Damon, ein Angestellter der Lodge – ’natürlich‘ für umsonst. Ich erzählte ihm einfach von meiner Traurigkeit. Es war eine so schöne, warmherzige Unterhaltung, dass wir uns zum Abschied umarmt haben. Seine guten Wünsche begleiten mich nun wie Eure Gedanken, wenn ich mich jetzt, um ca. 13:15 Uhr ab Meile 266 wieder auf den Weg mache.
Bis zur nächsten Stadt Wrightwood habe ich sechs Tage eingeplant. In der Zwischenzeit erwartet mich ein aktiver Waldbrand, der den Trail jedoch nicht direkt berührt, solange der Wind nicht dreht. Und es sind Schnee und Regen vorhergesagt. Dann wird es wohl mit dem Cowboycampen sehr ungemütlich….
Aber zu lernen und er-leben erwartet mich eine Menge!