anstößig

Früher hätte ich mir vermutlich eine Flasche mir wohlschmeckenden Rotweins gegönnt. Einfach, um diesem Moment den letzten Schliff Anerkennung und mir die Gelegenheit zu schenken, diese Feierwürdigkeit auch im Munde begehen zu können.

Ein Moment, um darauf anzustoßen.

Mein Kopf zeigt mir Bilder vom Tage und denkt an all die Menschen, mit denen ich in irgend einer Form Kontakt hatte. Ich fühle mich wohl dabei, dankbar und erstaunt.

„Und ich bringe es nicht zum Fließen…“

…glaubt mein Verstand. Seit Wochen.

Er bemerkt das Fehlen des Mörtels, des Kittes, der Energie, des Einverstandenseins, des „Wertgenugseins“, die es bedarf, all dieses als Gelegenheit bemerkte Jetzt des Erlebens in eine Form zu bringen und in dieser zu sehen, begreifen, zeigen oder/und zu wollen.

Fang einfach an!“ – Nicht das Ziel ist der Weg…

Meine Nähmaschine hat funktioniert… !!!

„Wie bitte?“

Ja. Ich denke an die Leinenbettwäsche. Was hatte ich mich gefreut, als ich sie bei den Verschenkartikeln der Kleinanzeigen in Freiburg entdeckt und dann auch noch den Zuschlag dafür bekommen hatte!

Ich mag es, Leinen zu fühlen.

Und dann lag sie da in ihrer Übergröße…

…monatelang…

…bis heute.

Mein Bügeleisen vollbringt für mich schon gedanklich einen gewaltigen Abstoß. Und einen ebensolchen Respekt flößt mir die Nähmaschine ein. Ich kenne sie schon lange. Sie ist wohl eine ehrliche Haut – aber ich spreche ihre Sprache nicht. Ihre, mir ob meines Unvermögens, mich in ihrer Bedürfnisse rechtzeitig hineindenken zu können, in der Regel völlig unvorhersehbar einsetzenden, schrill piependen Unmutsäußerungen, die sich mir wie gebutterte Gewindeschneider bis die letzten Winkel meines Hirns fräsen und in Sekundenbruchteilen Zelle für Zelle in höchsten Alarm versetzen, sind mir jedoch wohlbekannt…

An diesem Tag aber ist nicht nur sie gut gelaufen.

Der alte Herd samt Backofen ist entsorgt. Der Neue tut seinen Dienst. Und das Ebay Paket ist auf dem Weg. Ich habe die Amsel singen gehört. Und das Farbenspiel des Sonnenuntergangs gesehen.

Ich hatte – auf den verschiedensten Wegen – so viel Kontakt zu lieben Menschen – konnte Verbundensein und Dankbarkeit fühlen – und

nehme, völlig weinlos zwar, diesen Moment zum Anlass und gekünstelt holprige – anstößige – Worte zum Anklang

 

Packangst

Heute in einer Woche werde ich das letzte Mal die Türe meines Appartements hinter mir zuziehen.

„Ob ich zum Abschied mal ganz bewusst den Schlüssel darin liegen lasse?“

bringt mich ein Gedanke zum lachen.

Gestern Abend ist es mir – mal wieder – passiert und ich musste einen Mitarbeiter bitten, mir den Zugang zu meinen Gemächern zu verschaffen, die natürlich im obersten Stockwerk und ganz hinten im Flur gelegen sind…

Boah, tut dieser Selbsthumor gut. Und bei dem Gedanken atme ich tief aus.

Peinlich ist das. Aber ich habe mich in letzter Zeit wirklich dermaßen häufig selbst ausgeschlossen, dass klar ist, dass die ganze Selbstkasteiung auch keine Lösung ist.

Ich fühle Ruhe beim Tippen. Es verschafft mir Luft.

„Ausdruck schafft Raum“ denkt es  dazu. 


20 Monate war ich hier, ziemlich genau auf den Tag. Noch eine Woche…


Auch wenn mich von dieser Chemikalie innerlich, künstlich, wie von außen gehalten fühle: Manchmal habe ich doch noch Kontakt zu dem Erleben, dass sich echt, wenn auch nicht gut anfühlt.

Und dann fühl‘ ich mich plötzlich wieder.

Da bin „ich“ wieder, so da, wie in den letzten Jahren mir so oft präsent: Unter Druck, getrieben, irgendwie bedroht von etwas, das ich nicht wirklich ausmachen kann. Auch wenn es sich nicht gut anfühlt, bin ich froh, es zu fühlen.

Ich packe.

Post von Euch. Zu meinen Geburtstagen, zu den beiden letzten Weihnachten. Zu allen möglichen Alltagen, die dadurch irgendwie besonders wurden.

Ich nahm alle soeben wieder zur Hand. Dankbar.

Einige von den Karten oder Bildern, die ich von Euch geschickt bekommen habe, hängen noch an der Pinnwand. Sie haben mir immer wieder Freude bereitet.

Anpacken.

Und ich verspürte enormen inneren Druck.

Das Gefühl, dem allen…

nicht gerecht zu sein. Das Gefühl, nicht genug zu sein.

Wie soll ich das anpacken?


Ausdruck verschafft Raum. „Finde eine kreative Lösung!“ lädt es in mir ein. Da wird sich doch was finden lassen…

Die Mittagsruhe ist vorbei… vielleicht einfach mal…

Oder einfach die Türe hinter mir zu ziehen?

Genüsslich das Klacken hören – und über mich lachen können.

Und vielleicht brauche ich dazu noch nicht mal den Schlüssel drin liegen lassen 🙂

konstruiert und kostbar

Mein Nervensystem hat da eine Macke in der Platte: Beim Gefühl, dass es sein könnte, dass ich, einfach so und irgendwie selbstverständlich „in Ordung“ sein könnte, wie andere Menschen auch, hat es einen Kratzer.

Manchmal springt es zurück in irgendwas Altes. Und manchmal hüpft es einfach hinein in etwas, das es sich nicht recht erklären kann.

Unverständlich wie unglaubwürdig – aber gerade im Spiegel einfach freundlicher Menschen so erstaunlich schön – fühlt sich beispielsweise das Gefühl für mich an, ihnen wie selbstverständlich eine willkommene Gesellschaft zu sein. Immer wieder neu. Unvertraut, irgendwie bemerkwürdig wohlig aromatisch wie vielleicht ein seltenes Gewürz aus fernen Landen auf dem Gaumen zu schmecken vermag.


 

Ich weiß, dass die Klingeltaste manchmal klemmt. Diesmal aber hebt sie sich ohne mein Nachhelfen wieder aus ihrem Rahmen – und dann summt auch schon der Türöffner. Mittlerweile kann ich mir fast an einer Hand ausrechnen, wie oft ich noch über diese schönen, alten Muster im Boden des Altbaus zum Treppenhaus gehen werde. Diesem folge ich dann Stockwerk um Stockwerk hinauf, bis die Stufen nicht mehr steinern, sondern hölzern sind. Die Türe dort oben ist angelehnt. Von drinnen erklingt ein freundliches „Halloho“ von Andrea und ich freue mich auf sie.

Und da ist er: „Mein“ Platz.

Andrea hat viele Stühle und sie weiß, wer am liebsten auf welchem sitzt. Mir passt ihr Hocker am besten und sie stellt ihn mir immer schon an die Wand, an die ich mich manchmal so gerne ganz leicht anlehne, nur um Kontakt zu spüren. Ich fühle mich an diesem Platz sicher – und nie im Weg.

„Nimm‘ Dir.“


Eines dieser wunderbaren Geschenke, die mir hier in Freiburg zuteil wurden, sind Maria, Cornelia, Susanne und Andrea, deren Einladungen zur Selbsthilfegruppe ich oft und immer wieder gerne gefolgt bin. Sie machten ihre Tür weit auf, verschenkten Raum und ihr Vertrauen. Eine Kerze brannte. Dazu gab es einen Tee, oftmals eine kleine Leckerei und immer ein „Fühl Dich willkommen, Karin, -Gefühl“ zum Probieren – Mal um Mal kostbar.

Danke, Euch.


Ich habe gefühlt ewig gebraucht, diesen Blogbeitrag abzuschließen. Er wurde einfach nicht rund, so sehr ich mich bemühte…

„Konstruiert wirkt er“, nörgelt es in mir.

Ja.

Stimmt. Ist er ja auch. Recht hat er, der Nörgler.

Passt ja auch zum Inhalt…

Und es ist einfach schön, dass mich unter anderem auch diese Macke in der Platte und die Lust auf dieses Gefühl mit diesen lieben Menschen in Verbindung gebracht hat.

Sich völlig unverhohlen dankbar zu fühlen schmeckt übrigens auch sehr lecker.

 

 

Abschied aus Freiburg – Fülle

Und nun nehme ich Abschied von Freiburg.

Noch steht der Entlassungstermin nicht fest. Aber das Abschied – nehmen steht an.

Und es fällt mir schwer.

„Erstmal Ausmisten“… ist immer ein guter Anfang, weil ich weiß, wie sehr es mir gefällt, auf übersichtliche Ablagen und Schrankfächer schauen und zugreifen zu können. Damit es leichter werde…

…so habe ich also meine Kalender vom letzten Jahr gefunden.

Im Lichte des Abschiedes ergeht es mir bei diesem Blick zurück manchmal schlecht. Ich hätte so viel verpasst, miesepetert es in mir. Ich hätte so viel mehr machen müssen und habe meine Zeit nicht ausreichend genutzt…

Jetzt aber fühle ich mich wohl. Ich spüre Freude. Und ich bin einfach so richtig gründlich dankbar.

Wie wohl in jeder größeren Stadt gibt es auch hier verschiedene Zeitschriften, die über alle Arten von Veranstaltungen informieren. Diese hatte ich mir zu Beginn meiner Zeit in Freiburg regelmäßig vorgenommen und, damit mir möglichst wenig entgehe, alles notiert, was mein Interesse weckte.

Nahezu täglich hatte ich, zusätzlich zu meinem Rehaprogramm, irgendetwas vor: Vorträge, VHS Kurse, Konzerte, Selbsthilfegruppe, Museumsführung… Freiburg bietet eine derartige Fülle an Angeboten für die Sinne, die Neugierde und die Lust, dass ich auf Dauer die doppelte Kraft, die dreifache Zeit und die Extraportion finanzielle Mittel gebraucht hätte – wenn nicht… wir wissen, dass es anders kam: Ab Frühjahr letzten Jahres jedenfalls ging es mit meinen kulturellen Exkursen schlagartig bergab. Zudem fehlte mir neben den Praktika während der berufliche Reha einfach oft auch die Kraft, um abends nochmal mein Rad zu satteln und die Stadt zu erkunden.

Ich war mutig. Habe Dinge ausprobiert, die mir „früher“ niemals in den Sinn gekommen wären.

Zum Beispiel fällt mir da mein Kurs im „intuitiven Singen“ ein. Da durfte ich mich in dieser Wiehrevilla willkommen fühlen und mich mitmachend ausprobieren – trotz meiner Stimme und meinen Hemmungen, zu singen. Und dann war da noch der Kurs über die kreativen Annäherung an die inneren Anteile. Ganz verrückt war das Tagesseminar, in dem ich beim „Haka“ – Ritual mitgemacht habe. Beim entsprechenden Wochenendkennenlernkurs habe ich bei „Tamalpa“ reingeschnuppert… und so meine hiesige Logopädin kennengelernt. Das in Freiburg und Umgebung sehr bekannte, alljährliche „ZMF“ (Zelt-Musik-Festival), im Tierpark Mundenhof habe ich 2019 mehrere Male besucht. Will man sich die Eintrittspreise sparen, setzt man sich unter die anderen Menschen in die warme Sommernacht und hört dem Treiben in den Zelten einfach mit Sicht auf den Sternenhimmel zu. Im Konzerthaus war ich auch zwei Mal… habe die Matthäuspassion von Bach und den Messias von Händel gehört – wobei ich bei der Erinnerung daran schmunzeln muss…. kann sich jemand vorstellen, dass ich, fast zentral hinter dem Dirigenten sitzend, beim Höhepunkt der Veranstaltung, dem stimmgewaltigen „Halleluja“ – Chor, eingeschlafen bin…?! Sowas kann man nur mit Humor nehmen!

Ich bin den Veranstaltern ins Konzerthaus des Freiburger Barockorchesters gefolgt, ins Münster und in viele andere Gotteshäuser, wobei mir dabei die Christuskirche in besonders lieber Erinnerung ist. Nicht wegen ihrer Architektur. Auch kann ich die Akkustik nicht wirklich beurteilen. Aber das Angebot der kleinen Kirche lockte mich einfach und die Kosten waren erschwinglich. Zum dortigen Bach Cello Solo Konzert auf Spendenbasis konnte ich sogar einige Mitrehabilitanden motivieren – und eine von ihnen blieb sogar noch nach der Pause :-).

Und ich erinnere mich auch gerne an die Lieder Schuberts, die ich dort gehört habe, sowie an den ersten Teils des Weihnachtsoratoriums von Bach für eine kleine Besetzung. Das war damals mein Trost, weil ich mir die „großen“ Aufführungen im Konzerthaus nicht leisten wollte. Ja… und da war da noch Mozarts Requiem. Was war ich glücklich, eine Karte ergattert zu haben! Und ich erinnere mich an die Tränen, die mir während der Aufführung vor lauter Berührtsein ob der schönen Musik über die Wangen kullerten….

Ich denke auch gerade an die Rückfahrten… Meistens nahm ich den Radschnellweg entlang der Dreisam und oft erwischte ich mich beim Nachsummen oder -singen gehörter Melodien. Es hörte mich ja niemand… 🙂

Ich lächele. Jetzt. Geschenke Freiburgs…

Vorstellungskraft

von der Macht der Vorstellungskraft in Zeiten des Umbruchs

Frühdienst. Die Kleidung von gestern geht nochmal. Arbeitsklamotten, staubig, aber bequem. Unten stehen die Gummistiefel. Ich stelle noch die Kaffeemaschine an, bevor ich rüber in den Stall gehe. Träge wedelnd begleitet mich der Hofhund.

Die Pferde schnauben aus tiefer Kehle – mir zu: Willkommen, Mensch!

Was für ein Gefühl… Willkommen, Gänsehaut!

Unruhe kommt auf. Routiniert öffnen meine Hände die Scharniere der Futtertruhe. Die Kelle verschwindet im Hafer. Eins, zwei, drei… Der Eimer leert sich in den Trog… gierig verschwindet der große Kopf des Kaltblüters darin, während sein Nachbar genervt mit seinen Hufen scharrt. Nichts dämpft mehr das Geräusch das erklingt, wenn schwerer Beschlag auf blank geriebenen Steinboden trifft.

Und dann das Malmen… wie sehr ich dieses Geräusch mag. Nein, ich bin nicht in Hektik – nur ist morgens einfach keine Zeit zum Lauschen. Das sanfte Rascheln des Heus entgeht meiner Wahrnehmung, wie so oft, fast gänzlich, aber sein Duft ist überwältigend. Schnell verstecke ich meine Nase im matt gewordenen Grün des letzten Sommers und atme tief ein, bevor die Morgenration mit einem Wurf in der Box verschwindet. Wenn das so gut schmeckt, wie es riecht… mmmh…

Die Ersten sitzen schon über ihren dampfenden Kaffeetassen. Der Chef weiß, was heute zu tun ist und verteilt die Arbeit. „Wir brauchen 30 Bund Radieschen – machst Du das?“

Mir wird schnell klar, dass ich schon wieder die eiernde Schubkarre genommen habe. Auf dem Weg zum Feld gehe ich in Gedanken durch den Werkzeugkeller…. vielleicht ist die Pumpe dort in dem rechten Stahlschrank?

Klar, das erste Bücken des Tages tut einfach weh. Ich weiß, dass es irgendwann besser wird. Die im Boden verbliebene Frische der Nacht leistet als Radieschenschmiermittel zuverlässig ihren Dienst. Und in den löcherigen Hinterlassenschaften der kleinen Rübchen wimmelt es von Leben: Regenwürmer, Larven, Käfer…

…wann hatte ich eingentlich zum letzten Mal saubere Fingernägel?… nur wegen seiner Belanglosigkeit verwundert registriere ich diesen vorbeiziehenden Gedanken.

Jetzt noch schauen, welcher Salat groß genug und noch nicht geschossen ist. Ein paar Gurken aus dem Gewächshaus sind auch reif für die Kiste. Viel Wasser fließt, bis die heutige Ernte im Lieferbus verschwindet.

Zeit zum zweiten Frühstück.

Die Pferde sind schon bei der Arbeit auf dem Acker. Das Misten geht mir leicht von der Hand. Ich schrubbe die Tröge und hole frisches Stroh vom Dach. Wie immer sehe ich Mäuse flitzen. Der alte Kater schaut ihnen unbeeindruckt hinterher. Er weiß, dass die nächste Gelegenheit kommt.

Das Unkraut wuchert. Zuerst die Setzlinge. Knochenarbeit.

Einfach an den Tisch setzen und reinlöffeln. Was bin ich froh, dass ich mich so oft vor dem Kochen drücken kann. Gerne kümmere ich mich stattdessen um den Abwasch.

Mittagspause. Danach noch eins, zwei Stündchen. Das muss für heute reichen.

Die Dusche ist frei. Wie gut sich das warme Wasser anfühlt. Steif schrubbel ich mir den Kopf. Frisch geduscht in sauberen, weichen Klamotten zu verschwinden ist mein täglicher Wellnessmoment.

Ich kann es genießen, zu liegen. Gut, dass es nicht so heiß ist heute. Kurz höre ich noch das Summen im Gras, bevor mir die Augen zufallen.

Gerne übernehme ich am Abend die Stallschicht. Und höre den Pferden ein Weilchen beim Kauen zu.


Der Schalter gibt klackend meinem Druck nach und löscht das Licht.

Wir sitzen noch ein bisschen draußen. Morgen ist wieder ein Tag. Das, was gesagt werden wollte, ist schon lange gesprochen. Gemeinsam schweigen wir noch etwas und hören dem Herrn Amsel auf dem Dachfirst zu, bis ich mich aufraffe und allseits eine gute Nacht wünsche. So liebe Menschen hier. Langsam glaube ich ihnen, dass ich willkommen bin.

Schwer heben mich meine Beine die Treppe hoch. Das Betreten der nervig laut knarzenden Dielen weiß ich schon lange zu meiden. Klackend senkt sich die Messingklinke und gibt den Weg in mein Zimmerchen frei.

Tut es gut zu liegen… Mein müder Körper, mein zufriedener Geist und ich sind einer Meinung. Einverstanden.

Einfach ein gutes Gefühl, hier zu sein.

 

Artikel verkauft

Es hat tatsächlich jemand darauf geboten!

Mir käme es wohl nicht in den Sinn, brutto 17,70€ für ein Paar Topflappen auszugeben – schon dieser Umstand setzt mich in Erstaunen. Umso mehr rührt es mich, dass es jemand tut. Denn scheinbar teilt da eine mir völlig fremde Person zumindest meine Idee, dass diese Dinger für irgendjemanden auf der Welt zu gebrauchen und zu diesem Zwecke ihren Preis wert seien. Möglicherweise gefallen sie ihr sogar?!

Mir dienen Handarbeiten in erster Linie zur anspruchslosen Beschäftigung und Ablenkung meines Verstandes, der sonst einfach tut, was er will – und mir manchmal einfach nicht gut.

Da ich schon mit Topflappen ausgestattet bin, biete ich seit Jahren immer mal wieder ein Paar bei Ebay zum Verkauf an. Den Preis summiere ich aus Materialkosten und einem kleinen einstelligen Betrag zur persönlichen Genugtuung. Bei diesem Päärchen hier jedoch habe ich richtig zugeschlagen und etwas mehr verlangt.

Sonst freue ich mich einfach nur, wenn ich etwas verkauft habe und stürze mich förmlich auf die notwendigen Arbeitsschritte um die Ware im geeigneten Verpackungsmaterial verschwinden zu sehen. Heute aber wurde mir dabei merkwürdig und spürbar weh zu Gemüte.

Sie waren ein bislang einzigartiges Modell. Ich hatte damals also nur eine farbenfrohe Idee von ihnen und machte mich irgendwann einfach an die Umsetzung.

Fülle ist ein zwiespältiges Ding. Einerseits macht mir schon die Vorstellung, bei guter Laune in volle Farbtöpfe zu greifen, draufgängerischen Spaß. Und ich bin gespannt darauf, was da zwischen Hand und Welt entsteht. Auf der anderen Seite der Stimmung, im Kreisel der Entwertung, fühle ich mich schon bei dem Gedanken an „Fülle“ (die eigentlich immer im Leben zur Verfügung steht) wie gelähmt – oder wütend, beiderfalls in Erstarrung versetzt.

Damals aber hatte ich Freude beim Wählen der Farben und bei der Realisierung meiner Idee. Ich brachte da was in die Welt und zustande – unbeholfen wie ein Kind, das etwas mit sich ausprobiert und es irgendwie vollbringt.

Wo steckt das Dilemma, das Nest der Wehmut?

Irgendwie gefallen sie mir schon… Und zu ihnen stehen kann ich nicht.

Sie waren nie das, in dessen Schein sie mich im Prozess ihrer Entstehung gesetzt haben… ( ja, ja… Das Ziel war nie der Weg 😉 )

Letztendlich fehlt es meinem Kritiker zudem auch an Sorgfalt in Ausführung der Arbeit, was als unverzeihliche Kopfnote zum Urteil „bloß weg damit“ führt.

Jedenfalls, nach diesen Zeilen der wertschätzenden Auseinandersetzung, gehen sie mir einfach leichter in den Briefkasten…

Ab in die Welt mich Euch – bringt Freude!

mutig