Morgen trete ich die Reha in Freiburg an. Diese kann bis zu zwei Jahre andauern.
Heute steige ich aufs Motorrad und verlasse…
Ich sitze aufrecht in meinem Bett. Die Sonne schaut durchs Fenster. Hell ist es um 6:32 Uhr, blau das Stück Himmel. Es wird ein heißer Tag. Die Töne der Vögel wirken noch ein bisschen nachtmüde, gelangweilt. Vielleicht meckern sie über die Nachbarschaft. Vielleicht kommentieren sie ihre Körperpflege? „Und hier noch ein bisschen jucken, mach‘ mir doch mal einer die Plagegeister weg… und – aaaahhhrg – der Rücken… – was gibt’s heute eigentlich zum Frühstück?“
Ich werde mal sehen, was aus dem Kühlschrank noch weg muss. Ein Stück Ananas wartet da noch auf jeden Fall auf mich… Um spätestens 14 Uhr will ich aufgebrochen sein. Ich nehme die kurvigen, autobahnfreien Strecken, darf mich willkommen fühlen bei Margret und Franz. Klaus wird da sein. Und ein Willkommensein, das mir Tränen in die Augen treibt. „Da und verlässlich willkommen sein“ mit gefühlsechtem Wirklichkeitsgeschmack. Es sind willkommenheißende, herzliche Zärtlichkeitstränen für die Begrenztheit in mir.
Kann man etwas verlassen, das man gar nicht annehmen kann?
Das man glaubt, verdienen zu müssen? Bei gleichzeitigem unveränderbarem Schuldempfinden, weil man ja sowas gar nicht verdienen kann? Wenn sich Vertrauen ins Daseindürfen, in die Näheduldung immer wie ein „Vorschuss“ anfühlt, wie kann das „einfach“ sein dürfen?
Egal. So oder so nehme ich Euch alle, die mir am Herzen sind, mit. Das kann ich, auf meine Art. Ich pack‘ Euch zu mir, hab‘ Euch am Bandel, bestech‘ Euch… mit Füßekitzeln, Seifenblasen und Gutenachtgeschichten bei Kerzenschein (wahlweise Taschenlampe unter der Decke)… Ich mache ein Angebot, das Ihr nicht ablehnen könnt.
Und wieder schwappt ein Glücksgefühl zur Trauer. Meinem Körper wird’s warm… Ihr zumindest seid schon mal da angekommen 🙂
Ich bin begrenzt.
„Mach‘ das Beste draus.“ und „lass‘ es Dir gut gehen“. Ich nehme diese Sätze als gutgemeint an, und erweitere ihnen bewusst Raum, weil mir die Aufträge sonst zu groß erscheinen, nicht zu packen, vor zu schwierige Rätsel stellen, „Löcher in den faserigen Bug reißen können“.
Davon habe ich schon genug. Aber der Kahn fährt. Wir kennen uns schon eine ganze Weile und ich bin dabei, ihn lieben zu lernen.
Denn endlich vertraut er mir genug, sich mir ganz zu zeigen. Alle seine Wunden.
Vielleicht wie einen Oldtimer. Erst muss ich spengeln lernen, damit die Teile wirklich halten. Mein Hirn kapiert manchmal halt noch immer nicht, dass Neuteile von der Stange „einfach“ nicht passen.
Wir gehen auf Ausfahrt.