Tag 17

8:35 Uhr

noch so lange

öffne Dich dem Spiel

Auf dem Spielplan steht

lass Dich verführen vom Moment und verlier ihn schmerzlich

gegen

Lass Dich enttäuschen und gewinn den schmerzhaften Sarkasmus der Rechthaberei

oder auf zum Kampf der sein muss, um der Verführung Kraft zu geben, Raum zu schaffen, Synapsen zu knüpfnen

Wehleidereigetue

Versponnene Verträumereien

Zumutung für die Zuschauer

Quälerei für mich

Aber die Eintracht spielt inzwischen auch hinguckfähigen Fußball…

…konnte doch auch keiner dran glauben…

Auf geht’s

Verführung, ich komme und öffne die Augen, drück‘ den Skill für Dich

Nebenschauplätze

Tag 15

Ich liege unter in Decken, in die ich unsere Patienten gepackt habe. Ich bekomme das vorgesetzt, was ich aus den Küchencontainern meines Arbeitsplatzes mit allen Sinnen kenne. Ich höre die Sprüche, die ich selbst rausgehauen habe. Und ich spüre die Distanz, die ich damals glaubte, halten zu müssen.

Die Distanz, die mich hielt, hält mich jetzt ab, auf das Pflegepersonal zuzugehen.

Sinn oder Verzweiflung

Spiegel oder Memory

Nur nicht suchen…

Neue Kategorie:

Ich werde eine neue Kategorie eröffnen. Eine, in dem ich die Beziehung zu meinem Vater zum Thema mache. Eine Begegnung mit dem, was von ihm in mir überlebt hat.

Ich sitze hier mit Tränen in den Augen und schäme mich hier und heute, jetzt, vor Dir, der Du schon lange Asche bist. Ich weiß wirklich, ehrlich, Du hast Dein Bestes gegeben. Ich wünsche Dich in Ruhe und Frieden. Nach dort hin, wo Du bist. Noch immer nicht fühle ich mich in dieser Vorstellung dort sicher und richtig, geliebt und willkommen, wichtig und angenommen, so wie ich bin. Darum geht es. Nicht um Dich und dem, was man als Realität zu benennen suchen könnte.

Zu oft mache ich mich abhängig von diesen Gefühlen der tiefen Sehnsucht, manchmal gekleidet in Trauer oder in Wut, oft in Angst und meiner mir irgendwie verekelten Verzweiflung. Ich möchte ihnen, diesen Gefühlen, die ich mit mir trage seit unserer frühesten gemeinsamen Zeit, meine Frau stehen lernen können. Lernen, nicht darin zu versinken. Lernen, meinetwegen mit ihnen aber trotzdem leicht zu leben.

So will ich Dich benutzen. Mich Deiner bedienen. Tote lässt man ruhen. Ja, mit allem Respekt. In meinem Hirn lebst Du aber noch in Form von Neurotransmittern, Synapsen und sonstigem Allerlei. Und dieses Abbild möchte ich nutzen, um mich in Form von neuen Verknüpfungen dieser Art schützen zu lernen. So nutze ich nicht wirklich Dich, sondern Deine Spuren in meinem Hirn.

Ich glaube, es wäre Dir im Prinzip auch egal, selbst wenn Du „voll“ – im Saft – (Bier? Wut? Vergnügheit?) lebendig vor mir stündest. So gesehen muss ich mich nicht schämen.

Auf mein Wohle!

Wie soll ich diese Kategorie nennen? Vater? Papa?

…ich guck mal bei den Sonderzeichen…. ‰?

Erbsen, oder?

Es war in diesem Sommer, irgendwann und irgendwo zwischen Herborn und Nürnberg, genauer gesagt zwischen Kalsmunt und den drei Birken. Ein Landwirt hatte Erbsen angebaut und ich nahm mir großzügig…welche zum Naschen und mit nach Hause – nahm ich mir außerdem die Idee, niederzuschreiben, was ich damit verbinde, in diesem schier endlosen Feld grüner Erbsen Üppigkeit zu stehen.

Gier, Traurigkeit, nur scheinbare Unersättlichkeit als Zeichen der sinnlosen Suche, Füllstoff für Leere… späte Erkenntnis? Vielleicht.

Hinter dem Eigenheim betrieben unsere Eltern einen Kleingarten. Es waren auch ein paar blühende Pflanzen, aber hauptsächlich wurde essbare Ware angebaut. Alles landete in Gefriertruhen, Einmachgläsern oder gleich auf den Tellern.

Die einzigste Ausnahme waren die Erbsen. In jeden Frühjahr ging unser Vater in den nahegelegenen Wald und holte Reisig. Ich habe es nie beobachtet, wie er diese Äste in den Boden verbrachte. Sorgfältigkeit ist eine Eigenschaft, die mir niemals in den Sinn käme, ihm zuzuschreiben, mir aber dennoch gerade nicht aus ebendiesem kommt, wenn ich nun an die Erbsen denke. Vielleicht vermochte er es doch mit Plan, überlegt, bedacht und in Ruhe zumindest seine Hände zu nutzen, um den werdenden Pflänzchen eine sichere Umgebung zu erschaffen?

Auch drückte er wohl jedes kleine Erbsenkörnchen im rechten Abstand einzeln in den zuvor gelockert Boden, scharrte etwas Erde darüber und goss mit sanfter Tülle an…

Erbsen waren nur zum Naschen da. Von ihm für uns. Wortlos. Auch ohne jede Aufforderung zu Dank oder Schuld.

Zuneigung auf Vaterart?

Wir suchten das Stückchen Erbsen Feld täglich ab. Unreife Schoten waren verboten, aber oft genug gut genug. Fand man eine reife, aber noch saftige Frucht, war das eine stille, heimliche Riesenfreude. Hastig wurde sie verschlungen. Keiner hatte sie zuvor entdeckt. Keiner soll sie nehmen können.

Vielleicht doch Liebesperlen?

Jedenfalls Erbsenzählerei.

Mir auf der Spur

Wenn ich gefragt werde, was ich gerne tue, kommt mir das Finden in den Sinn.

Ein Fundstück auf dem Flohmarkt, ein Blatt im Wald, der Duft eines Krautes oder das Wahrnehmen eines Wesens, Mensch z.B., das meinen Weg kreuzt. Oder eine Entdeckung beim Bildermachen, also einem Versuch ein Gefühl zu begreifen, das ich oft genug nicht benennen kann.

Gestern beim Singen habe ich gefunden, dass es mir um die Erfüllung einer Erwartung geht.

Die erfüllte Erwartung der Enttäuschung fühlt sich wahr an, bringt mich auf den Boden der vertrauten Gefühle zurück, die ich im Rahmen der vorsichtigen Vorfreude verlassen hatte.

Die vertrauten Gefühle der Sicherheit des Icherlebens als Kind sind Enttäuschung, das Gefühl weder gesehen zu werden, noch erlauben zu können, sichtbar zu sein – aus Angst, als Unwert erkannt und zurückgelassen zu werden.

Diesen Gefühlscocktail inszeniere ich mir immer wieder. Er ist meine Heimat.

Mir auf der Spur.

So konnte ich gestern lernen, dass es mir bei dem Finden, dass mein Herz erfreut, um die Un-erwartung geht.

So war die Vorfreude auf die Erlaubnis, womöglich Teil sein zu können, wunderbar.

Das Verträumtsein kommt mir in den Sinn… Das Zusammenspinnen des Womöglichwahrseinkönnens.

Oder ich finde die Erfüllung der Enttäuschung… Also Vertrautheit.

Ich nehme den Schmerz in Kauf oder es geht gerade darum, ihn zu spüren.

Um Vertrauen zu erleben, lebe ich die Heimat, inszeniere mir einen Gefühlscocktail- Heimatfilm.

Mir auf der Spur.

Sucht ist die Erfüllung des Heimatgefühls.

Welches, wenn ich Hrn Gerald Hüther (einfach wunderbar… siehe z.B. YouTube) Glauben schenken darf, nicht wegnehmbar ist. Hardware im Hirn. Nur zu ÜBER-denken. Durch Momente der Begeisterung neu zu erlernen. Aber es wird immer ein Programm, nie Einwahrsein sein.

Heimatfilminszenierung.

Schaue ich aber auf das Leben jetzt, muss ich nicht ins Kino. So vertraut es mir auch ist.

Tag 8 – Puh

Ein Tag im Rausch. Spannungskurve ständig irgendwo über 50/60… zeitweise eindeutig über ’70‘. Hochspannung also.

Ich hatte aber die ’16:00 Uhr‘ im Hinterkopf…

Das Therapieangebot der Klinik gliedert sich in zwei Bausteine: Das stationäre Pflichtprogramm (und hier unterteilt in das für DBTler und Leute, die zur Krisenintervention kommen), sowie ein übergeordnetes Therapieangebot, das allen Patienten der Klinik offen steht. Dort besteht die Möglichkeit, 2x pro Woche ‚Gitarrenmusik zur Entspannung‘ wahrzunehmen.

Hr. King ist als Ergotherapeut angestellt. Als ‚eingedeutschter und integrierter Ami‘, – freiwillig‚ wie er noch hinzufügte, hat er sich aber dennoch den typischen amerikanischen Slang bewahren können. Und das passt „wie die Faust auf’s Auge“, denn er singt den Blues. Ganz leicht scheinen die Töne aus ihm hinaus zu fließen, egal ob beispielsweise Mc Cartney oder Cash die Stücke zuvor in die Welt gebracht hatten. Dazu zupft und streicht er die Gitarrensaiten in einer Art, die mich in meinem derzeitigen ‚Zustand‘ (nein, nicht schwanger… ) nicht nur in hingerissenes Staunen und dankbare Rührung, sondern auch in ein Gefühl von „hier bin ich momentan gerade mal richtig“ versetzt.

Und niemand der ca. zehn Konzertbesucher wollte durch irgendein zu lautes Atmen oder Rascheln die Stimmung verscheuchen, die heute noch den kleinen, dämmrigen, kühlen Raum füllte, als der letzte Ton schon lange verklungen war.

Endlich kam ich mal wieder irgendwie zu mir, zu Bewusstsein, soll heißen: Konnte mich einfach wahrnehmend sein lassen.

Die Pennykassiererin, der ich zu Gute halte, dass sie nicht für den Umgang mit psychisch angekratzten Persönlichkeiten bezahlt wird, brachte mich sodann blitzschnell wieder auf „180“…

…aber ihrer höheren Macht (Gott oder wer weiß ich) sei Dank, drückte die diensthabende Schwester ein Auge zu und verschonte mich von der Pflichtteilnahme am Abendessen.

Denn richtig tiefe Entspannung stellte sich dann endgültig nach gut 90 min pausenlosem, zügigem Schwimmen und anschließendem Wechselduschen ein.

Ich stand in der Kabine und fühlte diesen Tag in mir untergehen.

Therapiesatt. Patientensatt. Müde.

Die DBT werde ich durchhalten, glaube ich. Hoffe ich. Aber:

Halte ich dieses Therapiesetting in einer Langzeitreha auf Dauer weiter aus? Wenn überhaupt die Kosten übernommen werden? Wo finde ich einen Platz für mich? Einen, an dem ich im Hier und Jetzt sein lernen und üben kann…

Üben,..

Vielleicht sehe ich nach dem Programm besser.

Keine Entscheidung für einen neuen Weg heute.