Wenn ich wandere, ist es immer ein Moment der Freude und Neugier, mich zu entscheiden, in einen Weg abzubiegen, den ich noch nicht kenne.
Er könnte besonders schön sein. Es könnte etwas zu entdecken geben. Ich lerne mich immer besser auskennen im Terrain. Der Weg wird zwar früher oder später auf etwas treffen, das ich kenne, aber es besteht zumindest die Möglichkeit, das dann aus einer neuen Perspektive zu sehen.
So entschied ich mich heute für einen schmalen Pfad, wirklich winzig und kurz. Und sein nahes Ende, eine vielbefahrene, altbekannte Straße, hatte ich schon vor dem ersten Schritt deutlich vor den Augen und in den Ohren. Aber es war die Entdeckung eines neuen Weges und die muss ja, wenn schon nicht feierlich, aber zumindest umgehend begangen werden.
Und siehe da, es gab etwas zu finden:
Es war eine Dose.
Sie lag bestimmt noch nicht lange dort, unübersehbar, äußerlich makellos, kess glänzend in der Sonne und lockte mit ihrem „guck‘ mal, ich bin sogar noch 25 Cent wert“ Versprechen.
Die Dose war bedruckt mit Eisvogel auf dunklem Grün. Sie war leer von Bier aber voll mit…
…Luft? Ja, das auch…
Ich nahm sie mit. Und genau in diesem Moment war noch etwas anderes darin.
Ich frug mich, wer sie denn morgens um die Zeit schon geleert haben würde? Jemand auf dem Weg zu nahgelegener Bau-, Halte- oder Suchtberatungsstelle? Rathaus, Leica oder Parkbank?
Es waren also Fragen darin. Und viel Phantasie. Auch ein Hauch von Betroffenheit und Mitgefühl. Also jede Menge Bewertung. Und Entwertung auch, wenn ich ganz ehrlich bin…
Und da war sie schon!
Ich hatte noch einen guten Kilometer zu gehen und war mitten in der Stadt.
„Was wohl die Leute denken? So früh morgens, eine leere Dose Bier in der Hand?“
„Hättest sie doch liegen lassen können für jemanden, der das Geld wirklich braucht. Als hättest Du DAS nötig!“
„Du solltest Dich was schämen!“
Es war Scham darin!!!
Und ich geh‘ noch einen Schritt weiter: Es war Glück darin, denn ich fand neben all dm eine kleine, feine Unterrichtseinheit zum Thema „Wahrnehmung, Urteil und Auswirkung auf das tägliche Handeln“. Mit Achtsamkeit herausgefummelt.
Erstaunlich! Wundersam…
Und gefreut habe ich mich schließlich auch noch drüber.
Ich glaub‘, darauf gehen wir jetzt erstmal einen trinken.
Mit Charlotte auf die Parkbank.
Auf mein Wohl 😉