Der Atem stockt

Ich kann und will diese Arbeit nicht mehr tun.

Alles streubt sich. Der Atem stockt.

Aufgemacht hatte ich mich in diesem Jahr. Und offen treffe ich auf meinen Arbeitsplatz.

Es war ein Platz für mich, ein Willkommensein, mir so wichtig, dass ich mich all die Jahre über alle Signale hinweggesetzt und die Qualen in Kauf genommen habe. Fühlte ich mich doch auch gerade in dieser Qual als Teil meiner Kollegenschar.

Teilsein. Da sein dürfen.

Für dieses Gefühl nahm ich es auf mich, gegen die paar Werte zu arbeiten, die ich für mich schon gefunden habe. Ich unterstütze dieses System, so mit kranken Menschen umzugehen, indem ich mich meiner selbsternannten Machtlosigkeit unterwerfe und meinem derzeitigen Gefühl, das das nicht richtig ist, misstraue.

Auch wenn ich echte Schwierigkeiten damit habe, zu definieren, was genau:

Ich kann nicht mehr so viel geben und lassen. Ich spüre, ich kann diese Arbeit nicht mehr tun. Es mangelt mir an Konzentration, Geduld, Duldsamkeit, Flexibilität, Sanftmut. Und eben dem Gefühl, das Richtige zu tun. In mir und als Teil dieses Systems.

Infolgedessen quäle ich mich erneut.

Deutlich spürbar am Essverhalten.

Dieses dämpft die Schuld, die Sehnsucht nach Trost bei gleichzeitigem Gefühl der Untröstlichkeit.

Ich fühle mich zu klein für die folgenden Schritte.

Ich kann doch nicht mit 50 so eine Stelle aufgeben! Was soll ich tun? Was will ich tun? Wie weiter leben?

Es hat doch all die Jahre funktioniert… Klar. Aber zu welchem Preis?

Wie soll ich auf Körper, Seele und die neuen, fremden Gefühle und Gedanken hören können, wenn mir das so ungewohnt vorkommt?

Soll ich wirkliche all meine Sicherheiten in Frage stellen? Den Arbeitsplatz und am Ende noch die Wohnsituation?

Wie aber kann ich mich jemals „richtig“ fühlen, wenn ich tue, was sich falsch anfühlt?

Vertrauen lernen.

Indem ich es tue.

Das ist die Theorie.

Aktuell habe ich einfach nur Angst.

„Innehalten“!!!

schreit der Körper mit einer nicht zu überhörenden Erkältung: Auch ihm stockt der Atem.

„…nur noch eine Nacht durchhalten“ tröste ich ihn.

Ob das womöglich wahr wird?

Ein Gedanke zu „Der Atem stockt“

  1. Hi Karin, es kann gehen. Ich habe mit 58 noch mal ganz woanders neu angefangen, weil ich das Nomadenleben satt hatte und ich auch nicht mehr gut genug war (für meine Ansprüche) in meinem Job. – Ich hatte Glück etwas zu finden. Ja, weniger Geld, viel zu wenig. Aber mein eigener Boss. – Dann änderte sich das System zum Negativen hin. So hörte ich mit 67 Jahren auf. Alles recht verrückt, aber genau richtig für mich. Und du kannst auch was anderes finden, bzw. es wird dich finden. Ciao.

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