Hier und jetzt gerade

Es ist Mittwoch, der 26. April 7:50 Uhr. Bin in Idyllwild, in einer Lodge und Tine, mit der ich ein Bett teile, schläft noch. Eigentlich würde ich gerne aufstehen. Tine, Trish und Chelsea machen heute noch Pause, ich werde wohl aufbrechen. Es geht jetzt in verschneite Ecken. Wie wird das werden? Alleine…

Die drei haben mich bisher noch immer eingeholt. Das hat seine guten Seiten. Trish ist extrem gut organisiert und hat Trekkingerfahrung. Zudem ist Englisch ihre Muttersprache und sie hat mir nicht nur bem Kauf meines neuen Rucksacks geholfen.

Ich bin auf die neue Etappe noch nicht vorbereitet, weiß nicht, wo und wann es Wasser gibt oder einen Zeltplatz. Auch muss Tine noch ihr Päckchen abholen, in dem auch meine Minispikes für die eisigen Etappen sind. Gestern erzählten sie mir von einem einige alten YouTube Kanal, in dem davon berichtet wurde, das der Trail unter dem Eis nicht sichtbar und somit schlecht zu finden sei.

Andererseits fühle ich mich alleine wohler. Ich sehe, höre, rieche mehr, die inneren Stimmen sind freundlicher. Noch einen Tag einfach hier rumhängen?

Aber auch die Angst, Kontakt zu verlieren, ist da.

Immer wieder Zwiespälte. Wie werde ich mich entscheiden?

Trennung bedeutet auch Offenheit für Neues, Lernen, Erfahrungen, Leben.

Die Kleine

Eine meiner inneren Chorstimmen stammt von meiner ‚Kleinen‘.

Sie ist ca. 3 – 4 Jahre alt. Ihre große Schwester und sie sollten eigentlich schlafen, aber ihre Eltern streiten sich wieder so laut. Beide Kinder haben Angst. Die Schwester sagt: „Wenn die Eltern sich scheiden lassen, gehe ich zur Mutti“. Meiner Kleinen war zwar nicht klar, was eine „Scheidung“ ist, aber sofort bewusst, dass sie nicht auch zur Mutti kann, sondern „zu viel“ ist und übrig bleibt. Zum Vater will sie auch nicht, da fühlt sie sich nicht sicher. Meine „Kleine“ ist seit dem sehr bemüht, ja niemandem zur Last zu fallen und alles ganz richtig zu machen. Ihre Fehler könnten sie verraten, könnten Aufmerksamkeit auf sie lenken. Sie hat große Angst vor dem „Erkanntwerden“ oder „Gesehenwerden“, denn damit könnte man ihren Unwert entdecken, sie könnte als „zu viel“, als „Last“ beurteilt und ausgeschlossen, weggeschickt werden.

Damals hätte das den Tod bedeutet. Sie ist somit extrem ängstlich, scheu und irritierbar.

Die Kleine begleitet mich noch heute. Ihre damaligen Gefühle kommen noch immer in mir hoch und bestimmen mein Handeln.

Diese als die Ihren aus ihrer damaligen, längst vergangenen, Situation zu erkennen, ist meine Aufgabe. Mich am Heute zu orientieren, meinen Handlungsspielraum zu erkennen und respektvoll, möglichst liebevoll und bedacht mit mir und ihr umzugehen – das bedarf noch einiger Übung.

Schlangen und anderes Getier

Freitag, 21. April 2017

Diese Schlange kam mir mitten auf dem Weg bei einem Sonnenbad zu Gesicht. Nach einem kurzen Fotoshooting verkroch sie sich wieder in ihre Höhle am Wegesrand. Es sei wohl keine Klapperschlange, sondern eine harmlose Natter gewesen.

Bei meiner ersten Schlangenbegegnung vor einigen Tagen bin ich mir da nicht so sicher:

Eidechsen gibt es viele…

Familienzuwachs

Seit Warner Springs ist meine Bedarfsgemeinschaft im Rucksack um 500g reicher geworden: Es hat sich ein 19W Solarpanel eingenistet, das heute seinen Dienst schon prima verrichtet und während der Wanderung meine Powerbank wieder zur Fülle geladen hat.

Verlassen mussten uns deshalb eine Rettungsfolie, der Rest vom Handtuch, eine Tomatensuppe und die naive Vorstellung, ich könnte mich von noch mehr Sachen trennen.

Waschen

Sonntag, 23. April 2017. Mein erstes Cowboycampen endete gegen 5 Uhr morgens. Wir drei waren ganz froh, dass es heute zunächst bedeckt war, denn es ging ganz schön bergauf. Unser erstes Ziel war ‚bei Mike’s‘, eine einsame Farm in der steppigen Berglandschaft, in der Hiker mit Schnaps und Bier begrüßt werden, sowie Schatten und einen Platz zum Zelten finden. Die Stimmung ist recht ausgelassen, alles geht betont entspannt vonstatten. Wasser gibt es aus dem Tank.

Ich habe mich gegen 12:30 Uhr auf den Weg gemacht und habe mir nach 18 Meilen einen Platz für die Nacht gesucht.

Das Tagesende verläuft zur Zeit nach Schema: Man achtet auf die Füße, die kommende Strecke, den Wasservorrat oder die Tageszeit und sucht sich einen Zeltplatz. Dann wird das Zelt aufgebaut und eingeräumt, anschließend sich was zu essen gemacht. Es folgt die Körperpflege: Ich habe mir heute z. B. von Mike’s 1,5 l Wasser extra mitgebracht. Die kommen in den Nylonsack, der gleichzeitig als Waschschüssel und Waschmaschine eine prima Figur abgibt.

Am nächsten Morgen zieht man die Kleidung wieder an, egal, wie sauber sie oder man selbst denn nun nun geworden ist. Dieses Ritual funktioniert allerdings nur, wenn das Wetter trocken ist, der Wasservorrat und die Motivation ausreichend sind. Es ist erstaunlich, wie viel sauberer ich mich durch diese Katzenwäsche fühle und wie viel zufriedener ich in den Schlafsack kriechen kann.

Cowboycampen

Es dämmerte bereits, als wir am Samstag, den 22.04.2017, bei Meile 115 einen wunderschön gelegenen Zeltplatz. Man liebt es, an einem gut gefüllten, klaren Gebirgsbach zu übernachten, wo man Wasser bekommt, sich selbst und seine Socken waschen kann.

Leider war der Boden zu sandig und meine Zelt Heringe griffen nicht. Weitergehen hatte zu der Zeit auch keinen Sinn mehr, so kam ich zu meiner ersten Nacht unter freien Himmel, was hier ‚Cowboycamping‘ genannt wird. Es war erstaunlich gut: Ich habe deutlich besser geschlafen als in den Nächten zuvor und in den Pausen bewunderte ich den Himmel, der sich mit tausenden von Sternen geschmückt hatte und mir so ein unvergessliches Geschenk gemacht hat.

Abend in Idyllwild

Guten Abend, liebe Freunde!

Es ist 21:38 Uhr, ich teile mit Tine ein bequemes Bett in der Idyllwild Inn Lodge und habe nach zwei Dosen Bier die Ruhe, Euch ein paar Zeilen zu schreiben.

In den letzten Tagen hatte ich nur ganz selten mal kurzfristig eine Telefon- und somit Datennetzverbindung. Der Trail führte durch abgelegene, wilde Gegenden und nur in den Höhenlagen lohnte sich mal ein Versuch des Kontaktknüpfens. Oftmals wurde ich dennoch enttäuscht. Ich bemerkte, wie wichtig es mir ist, auch technisch mit Euch in Verbindung zu stehen zu können. Dabei ist mir bewusst, dass diese eigentlich nicht von technischer, sondern von herzlicher Natur ist.

Ich möchte Euch einfach nochmal danken, dass Ihr mir so viel Gutes wünscht, mich Eure Gedanken begleiten und auch für Eure Kommentare und Emails möchte ich Danke sagen, die ich alle gerne lese, auch wenn ich oft nicht persönlich antworten kann.

Gut zu wissen, dass Ihr da seid.