Vernebelte Ratlosigkeit…
Ein feines, hellgraues Netz macht sich breit in meinem Erleben. Gerade ist es aber so dicht, dass ich es ausmachen kann. Es ist nicht warm, nicht kalt. Es hat was von rätselhafter Mattigkeit, ja, genau: Von leichter, feingesponnener Watte.
Es ist diese Watte der Mattigkeit, die Distanz schafft vom Schmerz.
Ich kann mich nicht richtig fühlen und das ist wohl gut so.
Früher war es auch schon so. Nur anders inszeniert…
Die Nachtschicht war vorbei. Manchmal hatte ich noch was Essbares übrig. Manchmal nicht. Manchmal fuhr ich noch in Köppern zum Bäcker oder zur Tankstelle. Es auf der Fahrt bis Wetzlar vertilgt. Ausfahrt Wetzlar Süd. Am Kreisel rechts, gleich hinter dem Leicaneubau, ist der Bäcker Moos. Kaffeestückchen. Mindestens drei. Zwei waren meist für nachmittags übrig, der Rest für die fünf Minuten Fahrt nach Hause.
Vielleicht noch schnell an den Kühlschrank, bevor ich völlig matt ins Bett falle. Der Moment, als mein Kopf das Kissen berührt, ist mir schon nicht mehr bewusst. Von ca. 7 bis 12:30 Uhr schlafen, das war schon gut. Aufstehen, Couch, Fernsehen, Handarbeiten, Essen. 16:30 Uhr war der Plan zum Nochmalschlafen, was meist nicht gelang: Aufstehen, Couch… Arbeit.
Nachtschicht. Ständig essen. Viel zu viel essen.
Tagschicht ging schon lange nicht mehr wirklich. Zu viel Stress. Außen oder innen? Egal.
Gelebte Mattigkeit. Mattsein, Betäubtsein, Funktionieren. Die Watte der Mattigkeit.
Und heute?
Kein Funktionieren. Kein endloses Essen mehr. Kein Fernseher. Keine Arbeit.
Aber die Mattigkeit ist trotzdem da. Jetzt im Moment, in dem ich darüber nachdenke, wie es für mich weitergehen soll. Welcher Platz mag der richtige für mich sein? Welchem Ratschlag soll ich folgen?
Sichtweisen von außen:
Rente beantragen – erstmal Schematherapie machen, dann weitersehen – DBT ambulant – RPK – zu Hause bleiben, Ruhe haben – nochmal nach Uffenheim oder in die Adula, Wolfsried,…
Dazu noch die Blitze von innen:
einfach wieder arbeiten gehen (Schalter umlegen, muss doch irgendwie gehen, ging doch immer, muss nur durchhalten, die erste Zeit, bis ich wieder Sicherheit gewinne…) – Anmeldung auf einer DBT Station einer psychiatrischen Klinik, irgendwo – Schematherapie ambulant, sonst erstmal nix mehr (Sommer genießen, Ruhe finden, Ebay, Entrümpeln…) – Pillen nehmen? – RPK Warstein – RPK Herford – um andere RPKs noch intensiver bemühen – Rente beantragen und weglaufen (Wanderwege) – oder doch einfach eine Lehrstelle suchen? Pack‘ ich das?
Die Mattigkeit schützt mich ähnlich wie Charlotte, die Scham. Schützt mich vor der Angst der Kleinen, der Angst vor der Einsamkeit, dem Falschsein, vor dem Fehlermachen, das mit Sterbenmüssen zu tun hat. Kein Wunder, das Ines („I.“, vernichtende Entwertung, räumt auf. Nichts hat Bestand. Alle anderen Stimmen werden zerstäubt) schonwieder im Hintergrund spürbar ist.
Was kann die Dirigentin für sich tun?
Mattigkeit, Du darfst noch ein bisschen bleiben. Ich brauche Dich wohl gerade, damit ich nicht in Panik verfalle und Ines glaubt, aufräumen zu müssen. Aber ich bin trotzdem noch handlungsfähig. Und den Rahmen will ich ausschöpfen.
Ich mache eine To Do Liste. Einem Fragenkatalog. Und versuche mich an einer ehrlichen Bestandsaufnahme über Ängste, Bedenken, Widerstände. Keine angestrebte Perfektion. Ehrliche Zufriedenheit hätte ich gerne. Ich mache es, so gut es gerade geht.
Auf geht’s. Humor, machste mit? Mit Dir ist einfach alles leichter.
Bis 16 Uhr hammer noch Zeit. Hallensport. Da brauch‘ ich Dich aber auch!!!